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Geschichte und Rechtsextremismus

12. April 2014

Die Leichen im Orchestergraben der Wiener Philharmoniker!

Staatsoper_NSIn der aktuellen Ausgabe berichtet das Nachrichtenmagazin „Profil“ über einen „Raubkunst-Fall bei den Wiener Philharmonikern“. Ich habe in den vergangenen Jahren ja schon mehrmals auf den oft peinlichen Umgang der Orchester-Verantwortlichen mit der NS-Zeit hingewiesen.
In derselben Ausgabe des „profil“ schreibt der Schriftsteller Franzobel über Raubkunst im Allgemeinen und den Umgang der Wiener Philharmoniker mit ihrem Raubkunst-Gemälde im Besonderen: „Die Leiche im Orchestergraben“
Orchester-Vorstand Clemens Hellsberg verfährt immer nach der gleichen Taktik: zuerst verschweigen und vertuschen. Zugegeben wird nur das, was nicht zu leugnen ist. Fast 75 Jahre befand sich ein geraubtes wertvolles Gemälde von Paul Signac inklusive Echtheitszertifikat im historischen Giftschrank der Philharmoniker. Gewusst haben davon nur einige wenige Eingeweihte. Erst jetzt, nachdem seit Monaten Gerüchte kursiert sind, hat der Vorstand endlich gehandelt. Die Kunsthistorikerin Sophie Lillie hat die Herkunft des Bildes geklärt. Soweit so gut.
Empörend sind allerdings die falschen und zynischen Aussagen von Philharmoniker-Vorstand Hellsberg. Der hatte davon gesprochen, dass nach „jahrzehntelanger Suche“ „die Besitzer nun ausgeforscht“ wurden: Wie ich aus diversen Informationen weiß, ist das Gegenteil ist richtig. Jahrzehntelang wurde bewusst die Existenz dieses Raubguts verschwiegen.
Ich fordere seit Jahren eine umfassende Aufarbeitung der Orchester-Geschichte in der NS-Zeit durch eine unabhängige und möglichst international besetzte Kommission: Je tiefer man in der Geschichte der Wiener Philharmoniker gräbt, desto mehr Leichen tauchen aus dem Orchestergraben auf. Damit muss Schluss sein, dieser Fall zeigt, dass nun endlich eine fundierte schonungslose Aufklärung hergehört.
Noch immer gibt es eine Vielzahl von Fragen: So ist etwa zu klären, was mit den Instrumenten passiert ist, die Mitgliedern des Orchesters im Zuge der „Arisierung“ geraubt wurden, weil diese nach Nürnberger Gesetzen als Juden gegolten haben. Darüber hinaus befinden sich im Historischen Archiv der Wiener Philharmoniker Artefakte, deren Herkunft untersucht gehört. Mir ist bisher nicht bekannt, dass die Philharmoniker unabhängige externe Provenienzforschung in Auftrag gegeben haben.
Die Wiener Philharmoniker sind ein musikalisches Aushängeschild der Republik in der ganzen Welt. Tröpfchenweise und erst nach massiven Hinweisen tauchen immer wieder Peinlichkeiten aus der NS-Zeit und der Nachkriegsgeschichte auf. Das belastet nicht nur den Ruf des Orchesters, sondern den Ruf von ganz Österreich. Das ist nicht mehr länger zu akzeptieren: Aufklärung kann man nicht einem ausgesuchten Haus- und Hofhistoriker - gemeint ist ausdrücklich nicht die die Kunsthistorikerin Sophie Lillie - überlassen. Das funktioniert offensichtlich nicht. Es muss eine international besetzte Historikerkommission her!
8. April 2014

Was die Rechten stark macht!

Ungarn_OrbanMölzer geht, Strache bleibt! Das war heute Vormittag kurz die Botschaft. Dann war alles doch wieder anders und so wie zu erwarten: beide bleiben. Mölzer auf einem „wählbaren“ Listenplatz. Strache als Parteichef, der Mölzer ja zum Spitzenkandidaten gemacht und somit zu verantworten hat.
Dann eine Aussendung des Generalsekretärs Kickl: „Der heutige Rückzug von Andreas Mölzer von seiner Kandidatur zur EU-Wahl ...“. Also doch Rückzug von der Kandidatur? Kein Listenplatz mehr? Mölzer blieb vorerst dabei: Kandidatur auf einem „wählbaren“ Listenplatz. Schließlich ließ er gegen Mittag über seinen Sprecher ausrichten, dass er sich doch „gänzlich von der FPÖ-Liste für die EU-Wahl zurückzieht“.
Wie auch immer der braun-blaue Machtkampf ausgehen mag. Mölzer selbst jedenfalls agiert nach altbewährtem Muster, drückt auf die Tränendrüse und stilisiert sich selbst zum Opfer: Nein, seine rassistischen Äußerungen seien kein Fehler gewesen, im Gegenteil: Er habe „nichts Unredliches“ getan und sei Opfer der „Hetze“ einer „ultralinken Jagdgesellschaft“.
Die Rechten schaffen es immer wieder, im medialen Fokus zu stehen und sich schließlich in die Opferrolle zu begeben.
Lesenswert ist der Kommentar von Robert Misik in der Robert Misik „taz“ zum Ergebnis der ungarischen Wahlen - 44 Prozent für den Rechtspopulisten Viktor Orbán, 20,5 Prozent für die rechtsextreme Jobbik-Partei: „Was die Rechten stark macht!“.
Seine Kernthese: Ungarn sei zwar ein Fall für sich, dennoch aber folge der Sieg von Fidesz und Jobbik einem europaweiten Muster. Die etablierte Politik habe versagt.
Das stimmt alles. Was aber auch Misik nicht anbietet oder anbieten kann, ist das Mittel gegen die Rechten und die Rechtspopulisten. Wie soll die „etablierte Politik“ reagieren?
Eines scheint mir zumindest erstaunlich: relativ schwach sind rechte und rechtspopulistische Parteien in Deutschland. Aus meiner Sicht ein wesentlicher Grund dafür - neben der geschichtlichen Belastung durch den Nationalsozialismus - ist die strikte Ächtung durch die „etablierte Politik“. Für SPD, CDU und CSU war in der Vergangenheit eine auch nur partielle Zusammenarbeit mit Republikanern oder gar der NPD undenkbar. In Österreich ...
31. März 2014

Ukrainische Faschisten im Vormarsch: „Schnappt Euch die Gewehre ..."



Dieses Video schockiert. Es zeigt wie der Direktor des staatlichen ukrainischen Fernsehsenders von Mitgliedern einer Regierungspartei (!) vor selbst mitgebrachter laufender Kamera verprügelt und zum Rücktritt gezwungen wird. Die antisemitische Swoboda-Partei beruft sich auf den Nazi-Kollaborateur Stepan Bandere.
Wir sollten uns einige Fragen stellen: Was will „der“ Westen eigentlich in der Ukraine? Welche Kräfte sollen da unterstützt werden und welche werden unterstützt? Wir tun wohl alle gut daran, keine vorschnellen Urteile abzugeben. Ich möchte daher nur einige Fragen stellen und auf eine Analyse verweisen: „Diffamiert als "Russlandversteher"
Die meisten Medien zeichnen das Bild von Russland als dem „Reich des Bösen“. Das ist falsch und gefährlich. Es geht um ein ausgewogeneres Bild als das derzeit vorherrschende, es geht nicht darum, die völkerrechtswidrige Eingliederung der Krim zu rechtfertigen.
Die extreme Rechte gewinnt in der Ukraine an Macht und Einfluss. Der Westen schweigt dazu und verharmlost. Einige Fragen, die einer Beantwortung harren:
• Kooperieren wir mit jemand wie Julia Timoschenko, die bereit ist, „dem Bastard in den Kopf zu schießen“ – gemeint war der russische Präsident – und überhaupt „die verdammten Russen abknallen“ möchte?
• Verhandeln wir mit einer Regierungspartei, deren Vertreter in ein staatliches Fernsehstudio eindringen, den Direktor verprügeln und ihn zu einer schriftlichen Abdankung zwingen?
• Ist es normal, dass eine „Übergangsregierung“ wie die in Kiew blitzartig von den USA und der EU anerkannt wird, obwohl sich in ihr offen antisemitische Faschisten befinden?
• Was geschähe im Wien, wenn am Ballhausplatz gewalttätige Proteste gegen die demokratisch gewählte Regierung stattfänden, die von einer ausländischen Macht mit Millionen unterstützt würden, wenn beispielsweise der russische Außenminister dort auftauchen und die Demonstranten unterstützen würde?
• Was ist davon zu halten, dass der gewählte Präsident der Ukraine zu vorgezogenen Neuwahlen im Mai und zur Bildung einer Übergangsregierung bereit war? Dass das mit der Opposition sowie den Außenministern von Deutschland und Polen, dem US-Vizepräsidenten Biden und Wladimir Putin akkordiert war?
• Warum wurden wenig später Präsident und Regierung dennoch abgesetzt?
• Ist es demokratisch legitimiert, dass diese Absetzung durch das ukrainische Parlament nicht wie verfassungsmäßig vorgesehen mit 75 Prozent der Stimmen erfolgte? Ist es legitim dass gar nur 238 Abgeordnete anwesend waren und fast die Hälfte (212 Abgeordnete) fehlte? Und warum spricht jetzt niemand mehr von Neuwahlen?
Gregor Gysi zitierte im Deutschen Bundestag den Vorsitzende der „Swoboda“, Oleh Tjahnybok: „Schnappt Euch die Gewehre, bekämpft die Russensäue, die Deutschen, die Judenschweine und andere Unarten.“
Wir tun gut daran, genauer hinzusehen!
21. März 2014

Gedenken an Wehrmachtsdeserteure in Goldegg!

ermordeter_deserteur_weltkrieg_3In Goldegg im Salzburger Pongau wurde am 2. Juli 1944 eine Gruppe von Wehrmachtsdeserteuren in einer beispiellosen Großaktion von Gestapo und SS ausgehoben: SS-Todesschwadron jagte Deserteure am Böndlsee.
Demnach waren ein tausend Mann starkes SS-Todesschwadron und eine Truppe von 60 Gestapo-Beamten im Einsatz. Sie durchsuchten bei der Aktion „Sturm“ den Ortsteil Weng, der damals aus 100 Häusern bestand. Jeder Heustadl wurde mit Lanzen durchbohrt, jede Almhütte, jeder Stall, jeder Hof durchsucht.
Seit Jahren gibt es eine Initiative, die für ein angemessenenes Gedenken eintritt. Mit dabei unter anderem der Historiker Michael Mooslechner. In einem Exposé (Gedenkstein-Goldegg (pdf, 684 KB)) heißt es: „Die Verfolgungsaktion gegen Wehrmachtsdeserteure in der Nacht vom 1. auf den 2. Juli 1944 ist österreichweit ohne Beispiel. Ca. 40 Personen wurden verhaftet, viele davon in Konzentrationslager eingeliefert, 14 Personen fanden den Tod. An die Geschehnisse erinnert in Goldegg nur das Marterl für Simon und Alois Hochleitner am Weg vom Böndlsee zum Unterdorfgut. Es wurde im Jahr 2013 von der Familie erneuert. Was in Goldegg fehlt, ist ein symbolischer Erinnerungsort an alle, die damals zu Opfern nationalsozialistischer Gewalt geworden sind.“
Warum ich heute darauf verweise? Die Tochter des in Mauthausen erhängten Deserteurs Karl Rupitsch, Frau Britigtte Höfert möchte nun im Hof des Schlosses Goldegg eine schlichte Gedenktafel an die vierzehn Toten verlegen lassen. Das Konzept für den Epitaph hat der Kapruner Künstler Anton Thuswaldner sen. erarbeitet. Viele unterstützen sie dabei, es gibt aber natürlich auch nicht wenige, denen so ein Gedenken nicht passt: Pressedokumentation zur Debatte in Salzburg.
Demnächst wird über das Projekt abgestimmt. Hoffentlich positiv!
22. Februar 2014

Mauthausen ist eine internationale Gedenkstätte!

Befreiung-MauthausenKürzlich habe ich eine umfangreiche parlamentarische Anfrage an die Innenministerin über die Zustände in der Gedenkstätte Mauthausen gestellt. Inzwischen ist auch die Anfragebeantwortung durch das BM.I. eingetroffen.
Sie offenbart peinliche Defizite im Umgang mit der Gedenkstätte Mauthausen, die ja nicht nur nationale, sondern internationale Bedeutung hat. Es gibt massiven Handlungsbedarf und ich werde in den kommenden Monaten und Jahren mit dem notwendigen Nachdruck an einer Verbesserung der unbefriedigenden Zustände arbeiten. Nach wie vor fehlt ein Gesamtkonzept für die internationale Gedenkstätte Mauthausen und ein konkreter Zeitplan für die schrittweise Umsetzung.
Meine Kritik im Einzelnen:
1. Überlebende (Fragen 16 ff): Es wirkt zynisch, wenn das BM.I schreibt, diese würden „empfangen, wie sie es selbst wünschen“. Soll ein 90-jähriger Überlebender vor dem Besuch schon psychologischen Beistand einfordern? Es ist eine Pflicht der Republik für angemessene Betreuung zu sorgen, es ist eine Bringschuld der Republik und keine Holschuld der Opfer. Hier wird verwaltet und nicht Verantwortung wahrgenommen!
Zudem wird zugegeben, dass es keine psychosoziale Betreuung gibt. Was passiert, wenn es während eines Besuches Retraumatisierung gibt? Warum wird eine Kooperation mit ESRA nicht aktiv angestrebt? Sie ist auf die Arbeit mit Überlebenden der NS-Verfolgung und deren Nachkommen spezialisiert.
2. Finanzierung (Frage 37): Die Finanzierung ist offenkundig nicht gesichert. Derzeit wird heftig über die Kürzung von Ermessensausgaben diskutiert und es besteht die Gefahr, dass auch die Gedenkstätte betroffen ist, zumal das BM.I 38,44 Millionen € weniger zur Verfügung hat.
3. Audioguides (Frage 13 ff): In Mauthausen gab es Häftlinge aus 68 Staaten, Audioguides gibt es gerade einmal auf Deutsch und Englisch: Das ist nicht akzeptabel für ehemalige Häftlinge, die aus Frankreich, Polen, Israel oder Spanien nach Mauthausen kommen.
4. Gedenkonzept: Es ist ein Armutszeugnis, wenn das BM.I zugibt, dass bereits seit fünf Jahren an einem „Rahmenkonzept“ gearbeitet wird (Frage 33), es bislang aber noch nicht einmal den Schimmer einer Idee gibt, in welche Richtung sich die Gedenkstätte in organisatorischer Hinsicht entwickeln soll (frage 32). Gibt es dazu überhaupt keine Vorstellung im BM.I oder will man nur nicht antworten? Wer soll in die Entwicklung der Organisationsform einbezogen werden? Die Beantwortung dieser Frage (Nr. 34) kann ich nur als Provokation verstehen.
5. Schließtage (Frage 6): Das BM.I hat offenkundig keinen genauen Überblick, denn es gab in der Vergangenheit mehr Schließtage als den angegebenen 19. Dezember. Das Hauptproblem aber ist die mangelhafte Öffentlichkeitsarbeit: Schließtage insgesamt sind bei einer Gedenkstätte von internationaler Bedeutung nicht akzeptabel. Sie über „Oberösterreich-Tourismus“ und „Linz-Tourismus“ sowie die Homepage zu kommunizieren, zudem sicher zu wenig. Ältere Besucher vor allem aus dem Ausland gehen selbstverständlich davon aus, dass die Gedenkstätte ihre Öffnungszeiten einhält. Dasselbe gilt für Schulen etc., die bei Wienwochen Besuche oft langfristig planen müssen. Aktuell wird gerade für den 11. März wieder ein Schließtag angekündigt.
6. Figl-Denkmal (Fragen 38-45): Es kann nicht sein, dass es keine Richtlinien für die Errichtung von Denk- und Mahnmalen auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers gibt. Hier gibt es offenkundigen Handlungsbedarf, da derzeit nur einflussreiche und finanzkräftige Einflussgruppen die Möglichkeit haben, ihre diesbezüglichen Interessen durchzusetzen. Gelten hier großkoalitionäre Befindlichkeiten und nicht das in etlichen anderen Punkt angesprochene zu erarbeitende große Konzept für die gesamte Gedenkstätte?
Noch immer ist es übrigens so, dass Besucherinnen an den Schließtagen nicht einmal eine Toilette zur Verfügung steht, was zu unhaltbaren Situationen führt. Es gibt Handlungsbedarf!
17. Februar 2014

Burschenschaften, halbe Wahrheiten und Auslassungen!

OlympiaDass sich erwachsene Männer auch gerne mit merkwürdigen Uniformen verkleiden und sich mit farbigen Bändern schmücken, sollt jetzt in der Faschingszeit nicht eigens hervorgehoben werden.
Worauf aber eingegangen wurden muss, sind die schrägen Geschichtsbilder, die Herr Rainer Wolbank in der „Presse“ verbreitet.(Wer ist da ewiggestrig?). Er möchte das Ansehen der Burschenschaften retten. Ein schwieriges Unterfangen.
Als Mitglied der aB! Arminia Graz könnte Wolbank allerding einiges zur Aufarbeitung der Geschichte beitragen und zum Beispiel die Frage beantworten, wie es um den Massenmörder, SS-Obergruppenführer und Leiter des Reichssicherheitshauptamtes Ernst Kaltenbrunner steht. Immerhin war dieser seit 1921 ebenfalls ein „Armine“ und meinte vor dem Nürnberger Kriegsverbrechertribunal: „Ich fühle mich nicht schuldig an irgendwelchen Kriegsverbrechen, ich habe nur meine Pflicht als Sicherheitsorgan getan und weigere mich, als Ersatz für Himmler zu dienen.“ Dann brach er in Tränen aus.
Rainer Wobank und der aB! Arminia Graz reicht das offensichtlich. Den Richtern in Nürnberg reichte es nicht. Kaltenbrunner wurde zum Tod verurteilt und hingerichtet.
Kein Problem hat Wolbank auch mit der von Antisemitismus geprägten Geschichte der Burschenschaften. Er redet sie sogar schön: „Die gesellschaftspolitische Entwicklung gegen Ende des 19.Jahrhunderts brachte dann eine Kehrtwende.“ Nur die „Entwicklung“ oder gab es da auch handelnde Personen und Organisationen? Die Juden, so suggeriert er, haben sich selbst ausgegrenzt, wollten damals eigene Verbindungen „mit demselben Brauchtum und derselben politischen Ausrichtung“ gründen und waren – so hebt er lobend hervor – ja auch „geachtete Fechter“. Na dann! Die „gesellschaftspolitische Entwicklung“, nicht die Burschenschaften, haben in den „Waidhofener Beschlüssen“ den Juden pauschal jede Ehre und damit auch die Satisfaktionsfähigkeit abgesprochen („… in Anbetracht der vielen Beweise, die auch der jüdische Student von seiner Ehrlosigkeit und Charakterlosigkeit gegeben, und da er überhaupt der Ehre nach unseren deutschen Begriffen völlig bar ist …“).
Und ja: Wolbank hat Recht, wenn er schreibt, dass Korporationen von den Nazis aufgelöst wurden. Es ist immerhin die halbe Wahrheit. Die ganze Wahrheit ist, dass die katholischen Verbindungen wegen ihrer Nähe zum Austrofaschismus bekämpft und aufgelöst wurden, dass sich die nationalen Verbindungen aber im „Altreich“ schon 1933 freiwillig auflösten, weil der NS-Staat aus ihrer Sicht die Erfüllung eines jahrhundertealten Traumes war: „Was wir seit Jahren ersehnt und erstrebt und wofür wir im Geiste der Burschenschaft von 1817 jahraus, jahrein an uns gearbeitet haben, ist Tatsache geworden.“ (Burschenschaftliche Blätter 6/1933, S. 130)
Und auch das ist eine Halbwahrheit: „Die Behauptung, dass Budin und Küssel Burschenschafter seien, ist schlicht unwahr.“ Gottfried Küssel ist Mitglied C! Danubo-Markomannia Wien und somit eines Corps, Felix Budin der GL! Cimbria Wien, einer „Grenzlandsmannschaft“ – was die Cimbria inzwischen anders sieht. Daher hat Rainer Wolbank formal recht, sie sind nicht Mitglieder einer „Burschenschaft“, sondern von deutschnationale oder völkische Verbindungen. Das ist aber „Spezialwissen“ und nur für völkische Insider wirklich ein Unterscheidungsmerkmal.
Gemeinsam ist den erwachsenen Herren, dass sie sich gerne mit merkwürdigen Uniformen verkleiden und sich mit farbigen Bändern schmücken. Aber das soll jetzt in der Faschingszeit nicht eigens hervorgehoben werden.
10. Februar 2014

Februar 1934 und das wackelnde Dollfuß-Denkmal!

Republikdenkmal_1934_3Erstmals seit 50 Jahren gedenkt die rot-schwarze Regierungsspitze heuer gemeinsam der Opfer vom Februar 1934. Ein Fortschritt? Als Bundeskanzler Faymann im Februar 2009 gemeint hat, es gäbe in Bezug auf den Austrofaschismus keinen Handlungsbedarf, habe ich mit meinem Kollegen Steinhauser eine öffentliche Initiative für ein Rehabilitierungsgesetz gestartet (Austrofaschismus - Aufarbeitung ist notwendig!) und viele HistorikerInnen angeschrieben. Im „Standard“ und in der „Presse“ habe ich dazu auch einige Gastkommentare geschrieben. Und wir waren erfolgreich: Am 18. Jänner 2012 haben wir im Parlament die Rehabilitierung der Opfer des Austrofaschismus beschlossen. Die ÖVP machte ihre Zustimmung davon abhängig, dass der Begriff „Austrofaschismus“ im Gesetz nicht aufscheint. Immerhin konnten wir Grüne (!) durchsetzen, dass erstmals der „Unrechtscharakter“ des Dollfuß-Schuschnigg-Regimes in einem Gesetz festgelegt wurde.
Aber es bleibt noch immer viel zu tun: Der ehemalige 2. Nationalratspräsident Andreas Khol meint zum Bild des Diktators im ÖVP-Klub noch immer ungerührt: „Engelbert Dollfuß bleibt ein Säulenheiliger der Partei.“ Sieht er die ÖVP im Gegensatz zu den GründerInnen seiner Partei damit als Nachfolgerin der Christlichsozialen Partei und der Vaterländischen Front?
Der „Säulenheilige“ wurde im Juli 1934 von den Nazis ermordet und daher zu einer Art Märtyrer stilisiert. Ich halte es da lieber mit dem Politologen Emmerich Talos: „Mit Nationalsozialisten ließ Dollfuß verhandeln, mit den Sozialdemokraten nicht. De facto hat er Hitler den Weg geebnet.“
Das nach den Februarkämpfen von den Machthabern verhüllte „Republikdenkmal“ vor dem Parlament ist ein Symbol. Es wurde von den damaligen Machthabern sogar abgetragen und erst 1948 wieder errichtet. Seither war es übrigens mehrmals Ziel demokratiefeindlicher Attacken.
Ein anderes Denkmal wurde vor 20 Jahren abgetragen. Jenes von Engelbert Dollfuß in Ottakring. Gerald John hofft im „Standard“: „Nun wackelt das Denkmal des Diktators auch in der ÖVP.“
31. Januar 2014

Ein Polizeipräsident als „Stachel im Fleisch linker Schmarotzer“?

Burschenschafter_BierImmer neue Facetten tauchen auf rund um den FPÖ-„Akademikerball“ in Wien: von der massiven Einschränkung der Pressefreiheit (Franz C. Bauer, der Vorsitzende der Journalistengewerkschaft: Zustände „wie in Nordkorea“) und dem völlig überdimensionierten Polizeieinsatz war schon die Rede. Auch, dass er die Daten der Rettung heranziehen wollte, um Nachforschungen über medizinisch versorgte TeilnehmerInnen der Demonstration gegen den Ball anzustellen.
Nun hat Peter Pilz aufgedeckt, dass beim Wiener Polizeipräsidenten Gerhard Pürstl vielleicht nicht nur Unfähigkeit im Spiel ist: Das SPÖ-Mitglied ist nämlich in der rechtsextremen Szene in Wien bestens vernetzt und war selbst Mitglied der extrem rechten schlagenden Burschenschaft Franko Cherusker („Pürstls Jugend als "Stachel im Fleisch linker Schmarotzer"“). Gegenüber „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk hatte Pürstl noch Erinnerungslücken. Auf die Frage, ob er Mitglied der „Ghibellinia“ sei, antwortete er am Montag: „Mir war bis zum heutigen Tag die Burschenschaft Ghibellinia kein Begriff. Ich war und bin kein Mitglied in dieser Verbindung.“ Na ja! Jedenfalls stimmt es nicht, wenn Pürstl zur Zeitung „heute“ gesagt hat, er habe bei seinen Besuchen in den verschiedenen rechten Verbindungen „erkannt, (dass) dort nicht meine politische Heimat zu finden“ sei („Harte Zeiten für Pürstl“). Es sind halt die Franko Cherusker, bei denen übrigens die Polizei auch schon mal bei einer Hausdurchsuchung nach verbotenen NS-Symbolen gesucht hat. Wen man bei den „Cheruskern“ als Mitglied will? Das kann man auf der Homepage – pardon der „Heimseite“ – der Verbindung nachlesen: „Du bist der Stachel im Fleisch der linken Schmarotzer, die Du eh immer verachtet hast, weil sie auf Deine Kosten leben.“
Zum Polizeieinsatz selbst lasse ich gerne Wiens Bürgermeister Michael Häupl zu Wort kommen: „Ich will jetzt nicht banal rechnen, dass auf einen vermummten Anarchisten zehn Polizisten kommen, aber ich denke, dass man mit der Anzahl von Polizisten durchaus den Einsatz so gestalten hätte müssen, dass es nicht zu diesen Gewalttaten in der Wiener Innenstadt kommt.“ Wenn man „Anarchist“ durch „Gewalttäter“ ersetzt, kann ich zu 100 Prozent zustimmen.
Schade, dass der Pseudo-Antifaschismus des „Schwarzen Blocks“ den rechten Herrschaften aus der FPÖ und von noch weiter Rechts in die Hände spielt. „Standard“-Redakteut Gerald John bringt es auf den Punkt: „Jeder Anklang an Aggression macht es FPÖ und Co leicht, die vielen friedlichen Demonstranten zu verunglimpfen, die für etwas Ehrenvolles eintreten: dass ein rechtsextrem durchseuchter Aufmarsch nichts in der Wiener Hofburg verloren hat.“
Übrigens: SPÖ und Grüne haben gestern im Wiener Gemeinderat eine Resolution beschlossen, dass der Akademikerball künftig nicht mehr in der Wiener Hofburg abgehalten wird, weil er als „internationales Vernetzungstreffen von Rechtsextremen dem Ruf Wiens geschadet“ hat. Die ÖVP? Will die „blaue Karte“ offensichtlich als Koalitions-Option behalten. Indiskutabel!
Wann ist in Österreich ein Polizeipräsident eigentlich rücktrittsreif?
28. Januar 2014

Gewaltfrage, FPÖ und Hofburg!

VerbotsgesetzDeutsche Rechtsextreme schauen nach der Berichterstattung über den FPÖ-„Akademikerball“neidvoll nach Österreich. In einem Kommentar in der „Wiener Zeitung“ wird heute ein Mitglied von „pro NRW“ zitiert, laut deutschem Verfassungsschutz neben der NPD die „wichtigste Partei aus dem rechtsextremen Spektrum“: „Hier in Österreich ist es wirklich noch anders. Da spielen die Medien schon mit. Bei uns in Deutschland ist es von der Medienlandschaft her schwer.“
Das soll jetzt nicht zur Medienschelte ausarten. In unserer Kommunikation ist in den letzten Tagen sicher einiges schiefgelaufen. In der Kommunikation!
Unbestritten ist: Gewalt ist von jeder Seite her abzulehnen. Es ist Unsinn, zwischen Gewalt gegen Personen und Gewalt gegen Sachen zu unterscheiden. Natürlich ist Gewalt gegen Personen schlimmer - aber es geht um die prinzipielle Ablehnung von Gewalt. Autos zu demolieren oder Auslagenscheiben einzuschlagen, ist jedenfalls strafbar und muss geahndet werden. Die Polizei ist zu unterstützen, wenn sie gegen die Gewalttäter vorgeht. Und jene, die Gewalt ausüben, haben sich für uns Grüne als Kooperationspartner disqualifiziert.
Ich habe das am Samstag in einer Aussendung deutlich gemacht. Kritisiert habe ich aber auch die indiskutable Strategie der Polizeiführung, die durch Platzverbote das Demonstrationsrecht ebenso eingeschränkt hat wie das Recht der Presse auf freie Berichterstattung. Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl ist zudem nach seiner Ankündigung, von der Rettung die Patientenakten der Verletzten anzufordern, rücktrittsreif.
Mit dem zentralen Problem aber hat das alles nichts zu tun. Die FPÖ und die ihr vorgelagerten Selbstverstümmelungsvereine – also die schlagenden Burschenschaften – provozieren das demokratische Österreich seit Jahren mit einem Ball in der Hofburg, der regelmäßig zum Treffpunkt für vorbestrafte und nicht vorbestrafte Rechtsextremisten aus dem In- und Ausland wird. Beispiele sind auf diesem Blog mehrfach dokumentiert worden. Hier nur in Kürze, wer da alles als Gast der FPÖ in der Hofburg tanzt:
• Jörg Hähnel, rechtsextremer Sänger und Mitglied des Bundesvorstandes der NPD, rechtsextremer Liedermacher, verteidigte bei einer Sitzung im Jänner 2007 die NS-Justiz und die Hinrichtung eines Widerstandskämpfers, verursachte im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern im Mai 2007 einen Eklat, weil er einen Schlagstock mit sich geführt hatte und wurde daraufhin (!) zum WKR-Ball und zu einem Gesangsabend der „Olympia“ eingeladen.
• Ebenfalls zu Gast bei einem „nationalen Liederabend“ der „Olympia“ war der Barde Michael Müller: „Mit sechs Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an, mit sechs Millionen Juden, da ist der Ofen an ... Wir haben reichlich Zyklon B ... Mit sechs Millionen Juden, da ist noch lange nicht Schluss.“
• „Wir sind normal geblieben unterm Schutt der Zeit, an uns sind Umerziehung, Trauerarbeit und Betroffenheit, doch auch Konsum, soziale Dünkel und Moderne fast völlig spurenlos vorbeigezogen.“
• (Werbe-Flugblatt der Olympia)
• Der Chef der „Schwedendemokraten“ Kent Ekeroth ging 2012 mit zwei weiteren Funktionären mit einer Eisenstange auf eine junge Frau und einen Migranten los und war 2012 Ehrengast beim WKR-Ball. Strache führte schon 2011 „erfolgreiche Gespräche“ mit diesem Herrn, den er offiziell in Schweden besuchte.
Diese Herrschaften werden von der Polizei geschützt. Zu Recht. Wir leben in einem Rechtsstaat. Dass aber gleichzeitig der demokratischen Mehrheit der Protest vor Ort verunmöglicht wird, ist ein Skandal.
Ich habe am Wochende die Möglichkeit genutzt, um im Burgtheater an einer berührenden Veranstaltung teilzunhemen und jenen zuzuhören, die den Holocaust überlebt haben – etwa dem über 100 Jahre alten Marko Feingold oder Ari Rath, dem aus Österreich 1938 geflüchteten späteren Chefredakteur der Jerusalem Post. Allesamt vereint in der Kritik an dem von der FPÖ organisierten rechten Mummenschanz. Es wäre schön, wenn wir auch darüber wieder öffentlich diskutieren würden.
23. Januar 2014

Film und Diskussion: „Dann bin ich ja ein Mörder!“

Manoschek-und-StormsÜber diesen bewegenden Film von Walter Manoschek, habe ich schon einmal berichtet (wer dem Link folgt, kommt auch zum Trailer). Am Donnerstag zeigt die Grüne Bildungswerkstatt Wien den Film und lädt zur Diskussion:
„Dann bin ich ja ein Mörder!“ Film und Publikumsgespräch
Zeit: Donnerstag, 23. Jänner 2014, 18.30 Uhr
Ort: Schikaneder Kino, Margaretenstraße 24, 1040 Wien, Eintritt frei. (Zählkarten an der Abendkassa: 'first come, first serve')
Der Film schildert ein furchtbares Ereignis gegen Kriegsende: Am 29. März 1945 wurden im burgenländischen Deutsch Schützen von drei SS-Männern etwa 60 ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter erschossen. Einer der mutmaßlichen Mörder war der SS-Unterscharführer Adolf Storms, der für diese Tat niemals zur Rechenschaft gezogen wurde. 63 Jahre nach der Tat gelang es Walter Manoschek, ihn zu interviewen. In den Gesprächen mit Storms, mit tatbeteiligten HJ-Führern und Juden, die das Massaker überlebt haben, rekonstruiert der Film das Verbrechen und stellt Fragen nach dem Vergessen, dem Verdrängen und der Verantwortung.
Besser als Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek kann man es wohl nicht ausdrücken: „Ich finde diesen Film großartig, vor allem weil er so sachlich ist… Manoschek weiß, wie er zu fragen hat, und er befragt einen Täter, der sich, obwohl seine Tat, die Ermordung von mindestens einem völlig Hilflosen auf dem Todesmarsch nach Mauthausen, von Zeugen bestätigt wird, von mehreren Zeugen sogar, an nichts erinnern kann… Diese Dinge sind, da eben nicht von einem routinierten Filmemacher dargestellt, plötzlich ganz neu, von der Seite eines Wissenden betrachtet, in aller Klarheit, ohne Naivität, sogar ohne Dämonisierung der Täter. Das ist eine große Kunst. Das ist bisher zu selten passiert, eben, wie gesagt, eine Darstellung ohne Eifer und ohne Zorn, von einem, der leidenschaftliche Teilnahme für die Opfer hat, ohne die Täter ahistorisch zu verteufeln und zu dämonisieren. Da versucht einer, der es weiß, trotzdem zu verstehen. Das ist sehr viel.“
Adolf Storms starb 2010.

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