Wahlkampf
23. September 2009
harald.walser | 23. Sep, 10:18 |
3 Kommentare
Das Thema Regierungsbeteiligung erhitzt derzeit die grünen Gemüter: Sollen wir, sollen wir nicht, sollen wir, ...? Und das mit einer ÖVP, die eine absolute Mehrheit hat? Gestern hat ein User auf diesem Blog nach meiner Meinung gefragt.
Ich finde, wir sollten die Sache pragmatisch angehen. Politik bedeutet Gestaltung. Und somit ist für mich klar: Ja, wir wollen regieren. Ja, wir wollen grüne Projekte verwirklichen. Wir wollen im Bereich der Energiepolitik ein Umdenken, wir müssen in der Verkehrspolitik an künftige Generationen denken, wir müssen für ein Mehr an Gerechtigkeit sorgen, Bildung auf höchstem Niveau für alle ist die Zukunftsfrage schlechthin, Integration darf nicht zum Schlagwort verkommen etc. Sehr viele ÖVPler sehen die Sache übrigens nicht anders als wir. Einige aus der alten Garde aber und etliche Apparatschiks hingegen rühren schon fest schwarzen Beton an.
Und daher ganz klar ins Stammbuch der ÖVP: Wir machen sicher nicht den billigen Jakob. Regierungsverhandlungen à la Schüssel 2003 wird es mit uns nicht geben. Nur wenn die ÖVP erkennt, dass in etlichen Fragen Kompromisse notwendig (und vor allem gut für Vorarlberg) sind, wird es einen konstruktiven Abschluss geben.
21. September 2009
harald.walser | 21. Sep, 09:56 |
10 Kommentare
Die Wende ist geschafft: Johannes Rauch und sein Team haben für die Grünen erstmals seit Jahren wieder ein Plus eingefahren. Angesichts der Begleitumstände bei dieser Wahl – der Polarisierung zwischen Dieter Egger und Herbert Sausgruber – ist das ein sehr schöner Erfolg. Was der Sausi-Wahlverein ohne den Sausi macht, wird sich dann in fünf Jahren zeigen.
Nur der guten Arbeit unseres Landtagsteams in den der letzten Jahren ist es zu verdanken, dass es uns nicht ähnlich wie die Sozialdemokraten ergangen ist. Deren Ergebnis schmerzt jeden vernünftigen politischen Mitbewerber. Neben sicherlich auch hausgemachten Faktoren gibt es auch bundesweite: Die einst stolze Arbeiterpartei erntet jetzt die bitterne Früchte jahr(zehnte)langer politischer Beliebigkeit. Wer kaum etwas daran findet, einen Martin Graf zu wählen, darf sich nicht wundern, wenn die Wählerschaft daraus auch Schlüsse zieht.
Gefordert ist jetzt auch die Zivilgesellschaft. Ein guter Freund von mir hat das in Anspielung auf den antisemitischen FPÖ-Wahlkampf mit den Attacken auf den Direktor des Jüdischen Museums Hanno Loewy („Exil-Jude aus Amerika“) sehr schön zusammengefasst: „Dieses Land braucht noch viel mehr amerikanische Exil-Juden auf der einen Waagschale, um dem erschreckenden Gewicht auf der anderen Seite Paroli bieten zu können. Jetzt sind alle auf ihrem Platz gefordert, auch wir. Was es zusätzlich braucht, ist noch mehr Wissen voneinander, Agieren miteinander. Und ich wünsche mir noch viel mehr Aus-Länder, mit denen wir den Hinaus-Ländlern entgegen treten können.“
19. September 2009
harald.walser | 19. Sep, 08:43 |
23 Kommentare

Diese beiden jungen Herren brauchen eine Chance! Von der Kinderbetreuung über die Schulreform bis zu 5.000 grünen Jobs - es ist viel zu tun in den nächsten Jahren. Festgetrammpelte Pfade müssen verlassenw erden, es braucht einen Aufbruch. Und den kann man am Sonntag wählen: Johannes Rauch und sein Team benötigen jede Stimme, damit Egger & Co dort landen, wo sie hingehören - an den rechten Rand im Landtag und nicht in die Regierung!
Die Zeitungen sind heute und sicher auch morgen noch einmal voll mit Inseraten von Schwarzblaurotorange - wir machen da nicht mit. Und mitten in der tiefsten Krise seit Beginn des vorigen Jahrhunderts ist diese Materialschlacht auch moralisch problematisch. Zugegeben: Wir haben auch das nötige Kleingeld nicht. Wir sind nämlich nur unseren WählerInnen verpflichtet und nicht irgendwelchen Lobbys aus Industrie, Wirtschaft oder Gewerkschaft.
17. September 2009
harald.walser | 17. Sep, 00:35 |
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Gestern Abend haben bei der „Wahlkampf-Endspurt-Veranstaltung“ der Grünen im Otten-Areal in Hohenems an die 20 KünstlerInnen, Wissenschaftler, Unternehmer und JournalistInnen „Grußbotschaften gegen Rechts“ abgegeben. Alle wären es wert, abgedruckt zu werden, hier nur drei Beispiele:
Anton Pelinka, Professor of Nationalism Studies and Political Science Central European University, Budapest:
„Der Spitzenkandidat der FPÖ hat eine seit 1945 nicht bekannte Qualität des Wahlkampfes zu veranworten. Als Antwort auf die Kritik an dem offen fremdenfeindlichen Wahlkampf seiner Partei nannte er einen Kritiker einen 'Exiljuden aus Amerika'. Damit hat er seine antisemitische Provokation - von der ich annehme, dass sie gezielt und bewusst geschehen ist - zur dritten Potenz erhoben, denn der Kritiker ist ja bekannermaßen weder im Exil, noch ist er aus Amerika. Die Vermengung von Jude, Exil und Amerika sollte die Bösartigkeit auf die Spitze treiben. Die FPÖ ist damit auf das Niveau einer neonazistischen Sekte abgesunken. Offenbar fühlt sie sich dort wohl - und offenbar gehört sie auch dorthin.“
Armin Thurnher, Vorarlberger in Wien, Chefredakteur der Wiener Stadtzeitung Falter:
„Dass sich er nicht geniert, der Dieter Egger! Es ist nicht bloß eine Schweinerei, es ist eine doppelte Schweinerei, was er da treibt.
Erstens ist die Spekulation, man könnte Stimmen gewinnen, indem man antisemitische Ressentiments schürt, eine Sauerei. Diese Überlegung ist ebenso billig wie beschämend. Aber immerhin, könnte man Egger zugute halten, hat sie anderswo schon funktioniert.
Zweitens ist es eine Sauerei, dass Egger nicht einmal aus Eigenem ein Antisemit ist. Dass der Protest gegen „die Juden“, von denen „wir“ uns nichts sagen lassen, nicht aus ihm herausbricht, sondern dass er ihm von seiner Wiener Zentrale vorgesagt wurde. Ein echter, eigenständiger Vorarlberger Antisemit, das wäre schon mies genug, aber ein von Wien aus ferngesteuerter Vorarlberger Antisemit, das ist nun wirklich das Letzte!
Ich rufe alle Vorarlbergerinnen und Vorarlbergerinnen auf, dieses doppelt schweinische Manöver nicht mit ihrer Stimme zu belohnen.“
Engelbert Köb, Mumok-Direktor:
„Als Exil-Alemanne aus Vorarlberg in einem hoch subventionierten Wiener Bundesmuseum fordere ich null Toleranz für derartige dumme und dumpfe Entgleisungen.“
15. September 2009
harald.walser | 15. Sep, 10:35 |
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Die Nervosität bei den allmächtigen Landesschwarzen steigt. Da nutzt man schon mal die zur Verfügung stehende Machtposition.
Im amtlichen Teil des Gemeindeblattes für den Bezirk Bregenz lud letzte Woche die Marktgemeinde Bezau zu einem Jungwähler-Stammtisch und einem „bunten Jugenddrink“ ein. Als Diskussionspartner für die Jugendlichen standen gleich vier PolitikerInnen zur Verfügung: ÖVP-Ortsobmann Johannes Batlogg, ÖVP-Vizebürgermeister Rüscher und die ÖVP-Landtagsabgeordnete Theresia Fröwis sowie deren Mann - dem ÖVP Bürgermeister von Bezau ist. Das ist doppelt bemerkenswert, denn wie mir ein User aus dem Bregenzerwald versichert, werden im amtlichen Teil des Gemeindeblattes ansonsten keine Einschaltungen der Parteien geduldet.
Übrigens: Der gemeindeeigene Jugendraum scheint dem einladenden Bürgermeister eher fremd zu sein. Im Einladungstext wird als Ort der Veranstaltung der Jugendraum „Papalap“ genannt, der richtige Name schreibt sich natürlich „Paperlapup“.
13. September 2009
harald.walser | 13. Sep, 09:52 |
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Wahlkampf ist: Auf der Dornbirner Messe sieht man jede Menge PolitikerInnen. Auch wir Grüne nutzen die Möglichkeit. Immerhin trifft man an kaum einen Ort mehr Menschen. Es gibt übrigens oft richtig spannende Diskussionen.
Und man erlebt einiges. Bei einem kleinen Rundgang habe ich von der ÖVP ein kleines Liederbuch bekommen, schlag´s auf und lese: „Die blauen Dragoner, die reiten.“ Na ja. Ich gehe weiter, bekomme beim BZÖ zwar kein Programm (brauchen sie nicht), dafür aber einen Kugelschreiber. Die Sozialdemokraten sind äußerst depressiv und sprechen nur von der kommenden Niederlage. Und die FPÖ? Da will eine junge blonde Frau eine Unterschrift von mir: „Sie sind doch sicher auch dafür, dass heimische Familien 600 Euro bekommen?“ Ich gönne ja vielen vieles und frage nach: „Was sind ´heimische` Familien? Sind ´einheimische` gemeint?“ Die junge Frau meint etwas irritiert, das hätten schon viele gefragt. Ihr sei der Unterschied nicht klar. Da will ich es genau wissen: „Als Mitglied der EU muss Österreich natürlich auch rumänische und slowakische Familien im selben Ausmaß fördern. Wissen Sie das?“ Für Fragen sei sie nicht zuständig, meint die junge Dame daraufhin, und auch ihre Kollegin winkt ab. Schließlich bekommen sie Unterstützung von den „Zuständigen“. Die können die Fragen zwar auch nicht beantworten, laden mich aber immerhin auf einen Kaffee ein. Den nehme ich gerne, trinke ihn wie gewohnt schwarz und lese im ÖVP-Liederbuch auf Seite 17: „Schwarzbraun ist die Haselnuss, schwarzbraun bin auch ich…“ Aber nicht doch!
9. September 2009
harald.walser | 9. Sep, 16:09 |
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Während es heute bei der Eröffnung der Dornbirner Messe einen peinlichen Kampf um die Sitzordnung zwischen Landeshauptmann Herbert Sausgruber und SPÖ-Klubobmann Michael Ritsch gab – Sausgruber wollte Ritsch partout nicht neben sich in der ersten Reihe sitzen lassen – hat sich der ehemalige UNO-Sonderberichterstatter Jean Ziegler als Gastredner einem wirklichen Problem zugewandt: dem Hunger in der Welt.
Schon derzeit könnten problemlos 12 Milliarden Menschen ernährt werden. Dennoch sterbe alle fünf Sekunden ein Kind den Hungertod: „Jedes Kind, das heute verhungert, wird ermordet!“ Wesentliche Gründe für diese Schande der gesamten Menschheit und speziell für uns in den reichen Ländern sei die Verarbeitung von Lebensmitteln zu Bio-Treibstoff und die Subventionspolitik von EU und USA. Die subventionierten Lebensmittel-Exporte in Drittländer würden dort die Preise kaputtmachen und die ansässigen Bauern ruinieren.
Der Schweizer Soziologe und Buchautor („
Wie kommt der Hunger in die Welt?“) Jean Ziegler kennt sich aus. Er war von 2000 bis 2008 UNO- Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung. Er zeichnet ein düsteres Bild über den Hunger auf der Welt. Jährlich verhungern 30 Millionen Menschen, Hunderte von Millionen sterben jedes Jahr an den Folgen von Krankheiten und Epidemien sowie den Mangelerscheinungen, die auf schwere Unterernährung zurückzuführen sind. Schuld ist unsere mörderische Welt-Ordnung, die der Profitgier alles unterordnet. Sie muss dringend geändert werden.
Übrigens: Michael Ritsch und Herbert Sausgruber konnten sich nicht auf eine Sitzordnung einigen. Sausgruber zog es vor, seine Frau allein neben einem leeren Sessel und dem Bundeskanzler sitzen zu lassen und sich einen anderen Platz zu suchen. Immerhin eine Lösung. Für den Hunger in der Welt gibt es noch keine.
4. September 2009
harald.walser | 4. Sep, 22:50 |
12 Kommentare
Das war wohltuend: Johannes Rauch hat gestern in der sogenannten „
Elefantenrunde“ im Wolfurter Cubus einiges klargestellt. Er lasse sich den Begriff „Heimat“ nicht von Egger und Konsorten vereinnahmen und nahm natürlich auch zur Diskussion um die antisemitischen Ausfälle von FPÖ-Obmann Dieter Egger gegen den Leiter des Jüdischen Museums Hohenems Hanno Loewy („Exil-Jude aus Amerika“) klar und eindeutig Stellung: „Das ist auch meine Heimat. Ich wünsche mir aber ein Vorarlberg, das weltoffen und tolerant ist!“
Johannes Rauch ist es in der Folge vor allem gelungen, zu den wesentlichen Zukunftsfragen des Landes Stellung zu nehmen und nicht bei den blau-braunen Provokationen zu verharren: Förderung von Klein- und Mittelbetrieben, Weichen stellen für 5000 neue „grüne Jobs“ in den nächsten 5 Jahren (durch das Umstellen der Wirtschaftsförderung, investieren in die Umwelttechnologien, Althaussanierung, Elektromobilität, Wasseraufbereitung und Abwasserreinigung). Zudem urgiert er Verbesserungen des Ökostromgesetzes nach Vorbild des deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetzes, um alle Ökostromtechnologien (Wind, Biomasse, Biogas, Photovoltaik) ausreichend unterstützen zu können. In Deutschland wurden in den letzten Jahren 250.000 Arbeitsplätze geschaffen. Bei uns wurde das alles in den letzten Jahren verschlafen, es ist Zeit für eine Wende: Grün statt Rechts!
2. September 2009
harald.walser | 2. Sep, 12:08 |
1 Kommentar
Der „Falter“ ist eine wirklich lesenswerte Zeitung. Empfehlen möchte ich etwa die Geschichte über mögliche Mittäter des Briefbomben-Attentäters Franz Fuchs: „
Mörder und Gendarm“
Letzte Woche aber haben mich der Kommentar von Armin Thurnher und der „Hero der Woche“ geärgert. Diese Woche konnte ich in einem Kommentar meine Sicht der Dinge darlegen:
„Österreich hat einen neuen Hero. Da verbreitet ein Landeshauptmann den Stehsatz, dass man mit Antisemitismus nicht Politik machen dürfe. Schwupps ist er Im "Falter" ein "Hero der Woche", und Armin Thurnher ruft gleich auch noch indirekt zu seiner Wahl am 20. September auf ("… tut im richtigen Augenblick das Richtige"). Für eine Grundsatzdiskussion fehlt hier der Platz. Ich möchte nur auf Michael Köhlmeier verweisen, der das Politikverständnis von Sausgruber und seiner ÖVP als "prä-demokratisch" bezeichnet: "Da steckt die alte Vorstellung von einem Ständestaat dahinter." Toller Wahltipp, Armin!
Die konservativen Landesmedien sind dankbar, der kritische Teil – darunter "Standard" und die bürgerliche "Presse" – fragt nach: Wo war der "Held", als seine ÖVP Martin Graf zum 3. Nationalratspräsidenten gewählt hat? Warum hat Sausgruber mit dieser FPÖ (eine andere gibt es nun mal nicht) überhaupt eine – angeblich "bürgerliche" – Regierung gebildet? Wo war der Falter-Hero, als die Landes-Blauen nach der Haider-Attacke gegen Ariel Muzicant ("Dreck am Stecken") noch eins drauflegten und ihrer Klubsekretärin – wie sinnig - nebst Waschmaschine demonstrativ den "Dreck-Killer" Ariel überreichten? War damals nicht "der richtige Augenblick"?
Und noch eins: Wäre nicht auch ein Sausgruber-Wort zu den anti-islamischen FPÖ-Tiraden notwendig? Immerhin wollen die Landes-Blauen Türkisch-Dolmetscher verbieten, Minarette sowieso, Einbürgerungen von Türkinnen und Türken untersagen, nur noch "heimische" Familien fördern etc. Muslime scheinen "Freiwild" - kein Wort dazu vom Falter-Hero!“
30. August 2009
harald.walser | 30. Aug, 10:05 |
6 Kommentare
Von wegen klarer Bruch zwischen ÖVP und FPÖ: „Die Reparaturformel wird sich nach der Wahl am 20. September finden“, meint einer, der es wissen sollte: der Fußacher FPÖ-Bürgermeister Ernst Blum („
Vorarlberg heute“ am 28.9.). Ähnlich sieht das auch Werner Strohmaier, der FPÖ-Bürgermeister von Mittelberg. Was ist die angebliche Absage Sausgrubers wirklich wert? Lassen wir diese Diskussion und wenden wir uns den wirklichen Problemen zu.

Dieses Bild zeigt eines der Probleme: das Waldsterben. Es wurde vor zwei Wochen im österreichisch-tschechischen Grenzgebiet aufgenommen.
Lassen wir uns also nicht einlullen: Die Blauen haben keine Lösungen für Probleme, sie schaffen eher welche. Im Wahlkampf versuchen sie, ihre Anhängerschaft durch die Radikalisierung der politischen Auseinandersetzung zu mobilisieren - gleichzeitig arbeiten die Gemäßigten im trauten Doppelspiel daran, die Kontakte zur ÖVP nicht abbrechen zu lassen.
In Wirklichkeit geht es um etwas anderes: Es geht um 5.000 neue grüne Jobs in Vorarlberg, es geht um eine wirkliche Energiewende, es geht um mehr soziale Gerechtigkeit, es geht um eine Bildungsreform, die diesen Namen auch verdient.
Eines ist jedenfalls ganz sicher klar: Wer Grün will, muss auch Grün wählen!