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10. September 2009

„Khol, Donnerbauer und der liebe Gott“

Diese Woche hat der deutsche Bundestag 64 Jahre nach Kriegsende einstimmig ein vorbildliches Gesetz beschlossen. Nach den Deserteuren wird nun auch die letzte Opfergruppe der damaligen Blutrichter rehabilitiert: die sogenannten „Kriegsverräter“. Urteile gegen Deserteure im Zweiten Weltkrieg hat der Bundestag bereits 2002 aufgehoben. Damit erhalten per Gesetz all jene Menschen posthum und pauschal ihre Ehre und Würde zurück, die von NS-Richtern oftmals wegen Lappalien verurteilt und hingerichtet wurden. In Österreich sind wir noch säumig. Ich habe dazu auf diesem Blog schon mehrfach Stellung bezogen. Eine Historikergruppe hatte 2007 festgestellt, dass vor allem einfache Soldaten der Wehrmacht als Verräter zum Tode verurteilt wurden. Die Anlässe dafür reichten von politischem Widerstand und der Hilfe für verfolgte Juden über kritische Äußerungen über den Krieg bis hin zu Schwarzmarktgeschäften. Wie viele Menschen von „Kriegsverräter“-Urteilen betroffen waren, ist nicht bekannt. Insgesamt wurden wegen Desertion, „Wehrkraftzersetzung“ oder „Kriegsverrats“ mehrere zehntausend Todesurteile verhängt.
Unter dem Titel „Khol, Donnerbauer und der liebe Gott“ habe ich dazu heute in der „Presse“ einen Gastkommentar veröffentlicht. Es geht darin um die auch in Österreich überfällige Rehabilitierung der von der NS-Militärjustiz verurteilten Soldaten und Zivilisten. Wer sich näher über dieses Thema informieren möchte: Noch bis 15. Oktober ist in Wien im Nestroy-Hof die Ausstellung „Was damals Recht war ... – Soldaten und Zivilisten vor Gerichten der Wehrmacht“ zu sehen.

Trackback URL:
https://haraldwalser.twoday.net/stories/5930302/modTrackback

Kommentare
Aufklärer (Gast) - 10. Sep, 15:46

Sg. Herr Dr. Walser!

In Ihrer "Logik" hätten auch britische und amerikanische Soldaten an einem "verbrecherischen Krieg" (die Dimension der Verbrechen spielt dann auch schon keine Rolle mehr, denn wie will man sie bemessen?) teilgenommen (hätten somit aus moralischen Gründen alle desertieren sollen), denn die systematische Bombardierung von Städten (und damit Zivilisten) war - und da sind sich alle SERIÖSEN Historiker einig - ein KriegsVERBRECHEN.
Siehe dazu: http://www.geo.de/GEO/kultur/geschichte/14.html?p=1&pageview=&pageview=

Ex-Grüner (Gast) - 10. Sep, 16:06

Nicht jeder Zweck heiligt alle Mittel!!

Mittlerweile ist dem Harald nicht einmal mehr die Verbrüderung mit dem Architekten von schwarz-blau/braun/orange und Ex-Westenthaler-Kumpel Andy Khol peinlich - tief ist er gesunken!

Bernhard Kraut (Gast) - 10. Sep, 19:48

Zweierlei Maß: Dienst und Desertion

Der unterschiedliche Umgang ist auch zu erkennen an dem Gesetz, das vor ein paar Jahren schon verabschiedet wurde, als Herr Khol noch ein mächtiger Mann der christlich-freiheitlichen Regierung war: http://bernhardkraut.wordpress.com/2009/09/07/ovp-freiheitliche-wehrmacht-anerkennung-noch-im-leben-aber-bestrafung-bis-in-den-tod/
PS Sehr geehrter Herr Aufklärer, unabhängig von der aktuellen Debatte: Krieg ist tatsächlich immer ein Verbrechen, begangen von Menschen, die bereit sind zu Mord und Selbstmord.

Gast (Gast) - 11. Sep, 14:16

@ Bernhard Kraut

Danke für den aufschlussreichen Link!
Als Ergänzung dazu: Erntedank und Einstundendenkmal für Nazi-Deserteure
http://portal.gmx.net/de/themen/oesterreich/politik/8896508-Denkmal-am-Heldenplatz-soll-an-Wehrmachtsdeserteure-erinnern.html

Das muss man schon verstehen. Der ÖVP-Bauernbund benötigt den gesamten Heldenplatz zum ERNTEDANK feiern. Na, wenn das keine Symbolkraft hat!
Danken wir dem lieber Gott für die reichen Gaben, die er ihm bescheret hat.
helge (Gast) - 11. Sep, 14:41

eine frage an den abg. walser...

... bitte erklären sie mir mal, warum der khol bei ihnen so gut weg kommt? was sind seine "verdienste" in dieser frage? die övp und der mief des kameradschaftsbundes (sind doch eh fast alle bei der övp) sind doch maßgeblich für diese unwürdige situation verantwortlich!
noch was, heute ist es doch längst zu spät. warum soll man heute um die deserteure der wehrmacht noch ein gschiss machen? lange vorbei, die chance ist doch vertan, die leben eh alle nicht mehr.

harald.walser - 11. Sep, 16:10

Kommt er gut weg?

Ich glaube, es geht um die Sache: Er hat in Sachen Rehabilitierung einen Positionswechsel vollzogen und einen humanen und richtigen Standpunkt eingenommen. Die Argumente sind problematisch (Religion in die Verfassung).
Und zum 2. Absatz: Ihnen mag das nicht wichtig sein, den Betroffenen und ihren Familien aber ist es eine späte Genugtuung.
Demokrat (Gast) - 12. Sep, 00:42

Etwas mehr Bescheidenheit und Demut vor den Argumenten Ihrer Widersacher würde Ihnen gut zu Gesicht stehen, lieber Dr. Walser!

Sie sollten Ihre Meinung (zu den Deserteuren) nicht verabsolutieren, das ist undemokratisch und trägt faschistoide Züge! IHRER Meinung nach hat Khol einen richtigen Standpunkt eingenommen, andere sehen das mit mindestens so guten Argumenten anders, differenzierter.
harald.walser - 12. Sep, 08:12

Wer meine Meinung als ...

"faschistoid" bezeichnet oder zumindest "faschistoide Züge" erkennt, sollte vorsichtig sein, wenn er anderen mehr Demut empfiehlt!
Chrom (Gast) - 12. Sep, 18:12

@ Demokrat

Sind Sie vielleicht einer dieser "lupenreinen Demokraten" der Burschenschaft Olympia, die das NS-Verbotsgestz abschaffen wollen, weil es so "undemokratisch" sei?

Olympen beschrieben sich selbst in einem Flugblatt gar trefflich so:

„Wir sind normal geblieben unterm Schutt der Zeit, an uns sind Umerziehung, Trauerarbeit und Betroffenheit, doch auch Konsum, soziale Dünkel und Moderne fast völlig spurlos vorbeigezogen.“
Weiter heißt es dort:
„Bist du häßlich, fett, krank oder fremd im Lande, bist Du von Sorgenfalten, Weltschmerz oder linksliberaler Gesinnung gepeinigt, trägst Du alternative oder Schicky-Kleidung oder gar ein Flinserl im Ohr, studierst du Psychologie, Politologie oder Theologie oder gar nicht, hast du den Wehrdienst verweigert oder eine Freundin mit, die weder schön noch still ist, kurz: bist Du auf irgendeine Weise abnormal oder unfröhlich, dann bleib lieber zu Hause.“

2008 nominierte die FPÖ Martin Graf als dritten Nationalratspräsidenten. Er wurde wegen seiner Mitgliedschaft in der Olympia kritisiert, aber dennoch mit 109 von 156 gültigen Stimmen gewählt; auf den grünen Gegenkandidaten Alexander van der Bellen entfielen 27 Stimmen."
http://de.wikipedia.org/wiki/Wiener_akademische_Burschenschaft_Olympia

Wie gut, dass wir so viele schöne, normale Männer im Land haben, wenn Frauen, Ausländer, Besorgte, Kranke, Ärzte, Priester, Politologen, Psychiater, Pazifisten, etc. schon nichts zu melden haben. Auch im Parlament.
80% der österreichischen Männer fanden sich nach einer Umfrage nämlich selbst sehr gut aussehend. Wahrscheinlich halten sie sich auch alle für ganz normal. Aber ganz sicher haben die alle als Einzige recht. Und zwar ausnahmslos! :-)

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