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5. Dezember 2008

Wirtschaft: Ist alles noch viel schlimmer?

Ich hatte letzte Woche die Möglichkeit, mit dem ehemaligen steirischen Landesrat und „Fast-Wirtschaftsminister“ Herbert Paierl im Managementklub zu diskutieren. Kein üblicher Ort für einen Grünen, aber eine tolle Möglichkeit, vor einem für uns doch eher ungewöhnlichen Publikum Grüne Ideen vorzubringen. Eine Aussage hat mich betroffen gemacht, die der erfolgreiche Wirtschaftsmanager auch in der morgigen "Presse" offen ausspricht: „Die Ratingagentur Moody's hat vor Kurzem eine Analyse veröffentlicht, wonach zehn Prozent aller weltweit vergebenen Kredite faul sind. Üblicherweise liegt die Ausfallquote bei zwei Prozent. Diese düstere Prognose blieb bis dato unwidersprochen. Falls Moody's tatsächlich Recht haben sollte, stehen viele Banken vor der Pleite. Hoffentlich kommt das nicht so – aber wie es aussieht, stehen die Staatsführungen vor nie da gewesenen Herausforderungen.“
Gibt es einen „Wirtschafts-Tsunami“? Die Zeichen sind jedenfalls besorgniserregend. Die Rettungsaktion für die Großbanken kostet die USA inflationsbereinigt (!!) dreimal so viel wie der gesamte Zweite Weltkrieg – in unvorstellbaren Zahlen sind das 9100 Mrd. Dollar oder 60 Prozent des amerikanischen BIPs, 2800 Mrd. Dollar wurden inzwischen bereits „abgerufen“.
Die Rezession wird „tiefer und länger“ als angenommen, denn das Vertrauen in die Wirtschaft ist verständlicherweise verschwunden. Es fehlt trotz dieser unvorstellbaren Summen nämlich an Geld: Die Geldinstitute geben mit diesen Milliarden nämlich keine Kredite für die Wirtschaft, sondern legen es wieder bei den Notenbanken an. Die Bankeneinlagen bei der amerikanischen Fed sind seit August dieses Jahres von rund 20 auf fast 600 Mrd. Dollar hochgeschnellt, die Einlagen der Euroland-Banken bei der EZB schossen von nahe Null auf mehr als 200 Mrd. Euro hoch. Erst wenn dieser Knoten „entwirrt“ sei, werde auch die Realwirtschaft wieder funktionieren.
Vielleicht müssen doch wieder Überlegungen angestellt werden, die großen Banken im staatlichen Einfluss zu belassen, um in Situationen wie dieser bei der Vergabe von Krediten volkswirtschaftliche und nicht nur betriebswirtschaftliche Überlegungen anzustellen! Der "Bericht in der „Presse“" macht jedenfalls nicht zuversichtlich.

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Trackbacks zu diesem Beitrag

mariolechner.twoday.net - 6. Dez, 13:43

Konsolidieren und/oder investieren?

Am Donnerstag haben wir in der Bregenzer... [weiter]
Kommentare
Johann Schmutz (Gast) - 5. Dez, 22:28

Gegen Turbokapitalismus

Sehr geehrter Herr Dr. Walser!
Vielen Dank für Ihren sehr guten und wachrüttelnden Artikel. Die Banken tätigen Grundgeschäfte für die Wirtschaft und die KonsumentInnen und gehören stärkeren staatlichen Regelungen unterworfen. Vor allem das Spekulieren gehört und deutlich eingeschränkt und einer "Tobin-Steuer" unterworfen. Die Grünen haben dafür sehr gute Ideen, die jetzt sofort umgesetzt gehören. Schöne Grüße aus dem Waldviertel! Johann Schmutz

dieter (Gast) - 6. Dez, 18:06

Paul Krugman, der Nobelpreisträger, kommt da aber auf andere Zahlen. Er sagt, dass die Stimulus-Pakete viel zu klein wären, schon gar im Vergleich zum zweiten Weltkrieg, der das eigentliche keynesianistische Programm war, das die große Depression in den USA beendete. 10 Billionen (= us. trillions) sind für die USA drinnen, sagt er. (GDP ist 13 Billionen.)

Die Banken verleihen nicht ihr eigenes Geld, sondern das der Sparer. Wenn man den Banken vorschriebe, Kredite zu vergeben, die sie eigentlich für zu riskant halten, dann könnten und würden die Sparer ihr Geld in Staatsanleihen umschichten. Das geht heute so einfach wie noch nie. Die Deutsche Bundesbank bietet sogar ein Online-Sparbuch an.

Wenn sowohl die Konsumenten nichts ausgeben und ausborgen und die Unternehmen nichts ausgeben wollen und keine Kredite bekommen oder wollen, dann landet das Geld nunmal beim Staat. Und laut Keynes sollte er einspringen und das Geld, das er billig geborgt bekommt, kräftig ausgeben. Und das ist auch momentan das Rezept, dass die Ökonomen in allen Ländern befürworten.

Herbert Paierl gefällt das nicht, denn als orthodoxer ÖVPler muss man jeden Morgen nach dem aufstehen drei mal aufsagen: "Der Staat wirtschaftet schlecht."

Der Staat muss so schnell wie möglich um sein Geld erleichtert werden, in dem es Unternehmen in Notlage direkt zukommen zukommen soll (=Staatsgarantie). Die wirtschaften dann gut, sind ja privat.

Bis auf die schwarzen Schafe natürlich. Aber die soll eine Behörde aussortieren, so Paierl. Damit haben wir die Planwirtschaft durch die Hintertür hereingeholt.

Denn welche sollen denn nun die Schlüsselindustrien eigentlich sein? Wer sagt, dass die Autoindustrie, die Fluglinien oder die Finanzindustrie ihre Zenithe nicht erreicht haben und nun einfach schrumpfen müssen. Genau hier macht die Planwirtschaft doch ihre großen Fehler.

Besser ist es, das Geld direkt auszugeben. Für vorgezogene Bauvorhaben, Renovierungen, Pelletsöfen, Geld für Notleidende usw. Da weiß man, was man davon hat.

linksvorderer (Gast) - 7. Dez, 15:31

Es könnte noch anders kommen als man denkt

Die Kreditblase ist bereits geplatzt.
Es liegen aber noch weiter grosse Blasen auf Grund, welche nur darauf warten hochzusteigen und zu platzen.

Das wären Folgende Blasen.

Die globalisierte industrielle Produktion, welche mit denselben Regeln wie die Finanzmärkte arbeitet. Im Wesentlichen heisst die Losung , Gewinn maximieren ohne zu arbeiten.

Die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmittel aus unbekannter Herkunft. Es könnte sehr schnell gehen, dass wir in Europa zur Einsicht kommen die Landwirtschaft vernachlässig zu haben. Wir gehen davon aus, unsere Versorgung mit Nahrung und die Produktion, anderen überlassen zu können.

Hier brauchen wir wirklich eine andere Politik, und vor allem ein anderes Denken. Sollte es zum völligen Zusammenbruch der Wirtschaft und der Selbstversorgung mit Grundnahrungsmitteln kommen, dann sind alle braunen Schreckensszenarien die hier reichlich skizziert werden ein Klacks dagegen.

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