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28. Oktober 2008

Was denken Sozialdemokraten und Christlichsoziale?

Das war ein harter und deprimierener Tag heute im Parlament: Trotz unseres heftigen Widerstands, tagelanger Überzeugungsarbeit und pesönlichen Gesprächen wählte die überwiegende Mehrheit des Parlaments Martin Graf zum 3. Präsidenten des Nationalrats.
Peter Wieser beschreibt in seinem Beitrag auf diesem Blog die Situation so gut, dass ich fast das Gefühl habe, er wäre selbst dabeigewesen. Mir gingen dieselben Gedanken durch den Kopf.
Das braune Österreichbild, das nun wieder im Ausland gezeichnet wird, hat ausgerechnet die höchste Institution - der Nationalrat - mitzuverantworten. Peinlich! Das Bild im Ausland ist aber vergleichsweise vernachlässigbar: Das Hauptproblem besteht für uns hier in unserem Land. Was denken sich Christlichsoziale und Sozialdemokraten, wenn sie einen Mann wie Graf wählen? Haben sie vergessen, dass es VertreterInnen ihrer Parteien waren, die 1945 die Republik wiedererrichtet haben - und das mit einem antifaschistischen Grundkonsens? Einige deutsche Burschenschaften traten aus dem Dachverband aus, weil sie mit der Graf´schen Burschenschaft nicht in einer Organisation sein wollten. Das sind zwar auch stramme Rechte, aber mit der extremen Olympia haben sie nichts am Hut. Verständlich, denn sie wissen, was bei der Olympia getrieben wird, dass dort Sänger auftreten wie der unsägliche Herr Müller ("Sechs Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an"), dass für einen Mann wie Graf der wegen Terrorismus zu einer lebenslangen Haft verurteilte NDP-Führer Norbert Burger ein "ehrenwerter Mann" ist. Für viele rechte deutsche Burschenschafter sind diese Fakten ein Grund dafür, eine klare Trennlinie zu ziehen.
Nicht so für - so muss vermutet werden - die meisten ÖVPler und nicht wenige SPler. Sie wählen einen Mann wie Graf zum Repräsentanten unseres Parlaments und somit unseres Staates.
Ich habe am Wochenende alle Vorarlberger Abgeordneten schriftlich und öffentlich aufgefordert, Graf nicht zu wählen. Immerhin hat einer - Elmar Mayer - mir heute geantwortet: "Ich werde Graf nicht wählen." Immerhin einer. Für die anderen scheint die Wahl dieses Herren kein Problem gewesen zu sein. Ausreden haben sie nicht: Jeder musste gewusst haben, wen er da wählt.
Eines muntert mich nach diesem deprimierenden Tag im Plenum des Nationalrats doch auf: In unserer grünen Fraktion ging es in den intensiven Diskussionen einzig darum, wie wir die Wahl Grafs im Interesse Österreichs verhindern können und nicht darum, ob er wählbar ist. Es tut gut, Menschen um sich zu haben, für die so eine Haltung eine Selbstverständlichkeit ist!

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https://haraldwalser.twoday.net/stories/5285147/modTrackback

Kommentare
wome - 29. Okt, 08:11

3. NR-Präsident

dazu fällt mir ein:
- hilfloser Antifaschismus, der zwar versucht, jemand wie Graf auf ein Bekenntnis zum Antisemitismus und Anti-Nazismus festzunageln (wie heute im Ö1-Morgenjournal geschehen), aber vergißt zu fragen, wie hälts du's mit deinem Lebensbund (Olympia), bist du dort einmal gegen die herrschende Gesinnung aufgetreten etc.
- feige Abgeordnete der ÖVP und der SPÖ, die sich eben die Tür nach rechts offenhalten wollen und hier sind auch die Grünen wackelig geworden. Es war Graf, der für die Mehrheit des Antrags zur Abschaffung er Studienbeiträge gesorgt hat und dabei noch die Aufweichung der Zugangsbeschränkungen hineinreklamiert hat. Da gab es keine Berühungsängste (und das ist für mich was anderes, als wenn die FP bei einem Antrag mitstimmt, dieser Antrag ging von Graf aus!)

harald.walser - 29. Okt, 10:10

Wackelige Grüne?

Man kann über vieles diskutieren: Aber wackelig waren und sind wir in Sachen Rechtsextremismus nun wirklich nicht. Ein Tipp an alle jene, die immer wieder das eine oder andere bemäkeln: Wer eine starke antifaschistische Kraft im Parlament möchte, muss sich bei Wahlen überlegen, ob eine Stimme für eine politische Sekte oder die Wahlenthaltung wirklich in seinem Sinn ist! Wir jedenfalls haben gestern nicht gewackelt, sondern für eine scharfe und pointierte politische Kontroverse im Parlament gesorgt. Man stelle sich vor, wie das ohne Grüne gestern ausgeschaut hätte!
Elmar Zuchristian (Gast) - 29. Okt, 15:52

Diese Meinung ist bemerkenswert:

Chrostoph Landerer, früher
Toronto, Ontario
University of Toronto, lebt heute in Salzburg und schreibt gelegentlich im Sandard:

Leider geht der Link nicht, daher die Kopie

"Olympische" Unfähigkeit zur kritischen Distanz
Nichts gegen Burschenschafter, aber ... - Kommentar der anderen von Christoph Landerer
Als Simon Wiesenthal von der Politologin Melanie Sully gefragt wurde, ob schlagende Burschenschaften gefährlich seien, gab er folgende Antwort: "Ich denke nicht. Für die Linken sind sie es, denn für sie ist jeder Nichtlinke eine Gefahr."
Was in der meist hitzig geführten Diskussion über rechte und weit rechte politische Gesinnung leicht als Beitrag zur Verharmlosung aufgefasst werden kann, ist in Wahrheit eine Aufforderung zur Differenzierung: Es gibt Burschenschaften, es gibt schlagende Burschenschaften, und es gibt in ihrem ideologischen Profil problematische schlagende Burschenschaften. Die Geschichte der Burschenschaften kennt selbst deutschnationale schlagende jüdische Verbindungen - ebenso wie deren zionistisches Pendant. Angesichts der historischen Bedeutung der Burschenschaften für die Durchsetzung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit wäre ein Burschenschafter als Dritter Nationalrationspräsident eine stimmige Wahl. Die aus heutiger Sicht skurrile Folklore sollte uns ebenso wenig von der Bestellung eines FPÖ-Mandatars abhalten wie die betont konservative und deutschnationale Gesinnung, der sich so gut wie alle Burschenschaften verpflichtet fühlen. Auch eine kritische Haltung zum Verbotsgesetz taugt nicht als Argument - in anderen politischen Kontexten sind es dezidiert Liberale, die solche Zweifel äußern.
Anders liegt der Fall allerdings, wenn die betreffende Verbindung der Gruppe der ideologisch problematischen Burschenschaften angehört. Die "Olympia" wird vom DÖW als rechtsextrem eingestuft. Ihre Mitglieder freilich sehen das anders, doch selbst auf eine Distanzierung von Olympen mit geschlossen rechtsextremer Gesinnung wie Norbert Burger wird man vergeblich warten. Soeben (22. 10.) ist in der Wiener Bezirkszeitung ein Interview mit Dietbert Kowarik, FP-Gemeinderat, Abgeordneter zum Wiener Landtag und Olympe wie Graf, erschienen. Am Ende des Gesprächs kommen die Interviewer auch auf das leidige Thema "Olympia" zu sprechen: Es hat 2003 einen Auftritt des Liedermachers Michael Müller gegeben, der Lieder vorträgt, wie "Mit sechs Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an, mit sechs Millionen Juden, da ist der Ofen an". Wie stehen Sie dazu, dass solche Menschen bei der "Olympia" auftreten dürfen? Kowariks Antwort: Man darf nicht mit zweierlei Maß messen. Wir laden aus allen möglichen politischen Spektren Menschen ein. Es ist diese "olympische" Unfähigkeit zur kritischen Distanz, die die Mitglieder der Burschenschaft zum Problem werden lässt.
Die Ämter der drei Nationalratspräsidenten zählen zu den protokollarisch höchsten Ämtern der Republik. Als Kollegium vertreten sie den Bundespräsidenten und ersetzen ihn im Fall von dauerhafter Verhinderung oder Tod. Gerade weil wir beim schwierigen Extremismusthema eine trennscharfe politische Debatte brauchen, wäre es ratsam, an einer gut sichtbaren Stelle einen solchen Trennstrich zu ziehen. Dafür scheint mir die Wahl des Dritten Nationalratspräsidenten ein geeigneter Anlass. Martin Graf mag ein tadelloser Demokrat sein, und er kann sein Wissen und seine politischen Talente jederzeit in parlamentarischen Ausschüssen einbringen. In einem der höchsten Ämter der Republik aber wünsche ich mir einen Mandatar mit einem ideologisch weniger problematischen Hintergrund. Wenn Graf am burschenschaftlichen Lebensbund-Prinzip festhalten will - und das ist sein gutes Recht -, sollten sich die Vertreter der anderen Parteien die Wahl eines alternativen Kandidaten überlegen. Das sogenannte "Vorschlagsrecht" der drittstärksten politischen Kraft ist bloß eine politische Usance; das Parlament hat hier ebenso freie Hand wie der Bundespräsident bei der Erteilung des Regierungsauftrags.
Die ÖVP hat im Jahr 2000 gute Gründe dafür gesehen, mit der Tradition der Berufung eines Kanzlers aus der stimmenstärksten Partei zu brechen. Es sollte möglich sein, auch diesmal zu einer flexibleren Haltung zu finden.

Gerhard Simma (Gast) - 30. Okt, 18:52

Im Gegensatz zu faschistischen (vermeintlichen!!) "Antifaschisten" wie z.B. Ihnen, ist Herr Graf bis heute durch keinerlei faschistische Äußerungen unangenehm aufgefallen, er hatte sogar die charakterliche Größe auf den schlechten und beleidigten Verlierer VdB zuzugehen um ihm die Hand zu reichen ... Ebenso hat sich Graf in der Politik über Jahrzehnte als Demokrat bewiesen. Seine Mitgliedschaft bei der Olympia ist problematisch (mehr auch nicht), ihn aber in Sippenhaft für all das zu nehmen, was dort ohne sein aktives Zutun vorfällt, ist eine faschistische Tugend und da schließt sich der Kreis und wir wären wieder bei den GRÜNEN ....!!!

harald.walser - 31. Okt, 00:05

Sehr geehrter Herr Simma!

Meine Diskussionskultur ist jedenfalls geprägt von Sachlichkeit. Wenn Sie mich - was klagbar ist - eine "faschistischen ´Antifaschisten`" nennen und das dann noch mit "faschistischer Tugend" garnieren, spricht das Bände über Ihre Vorstellungen von Auseinandersetzungen.
Warum Martin Graf nicht in eines der höchsten Ämter unseres Staates wählbar ist, habe ich - unter andrem auf diesem Blog - mehrfach zum Ausdruck gebracht. Sippenhaft war nicht darunter. Die aktive Mitgliedschaft in einer rechtsradikalen Vereinigung aber schon. Es gibt Menschen, die das nicht stört - wie Sie. Es gibt Menschen, die das stört - wie mich.

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