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8. August 2008

Antwort zum Thema Integration

Gestern fand sich auf "vol.at" ein Eintrag mit folgenden Fragen an mich:
"Der Herr Walser will (laut VN) eine "Integrationspolitik, die nicht Angst macht und hetzt, sondern auf Dialog setzt." Wie ich noch immer annehme, gehören zu einem sinnvollen Dialog zwei mit gutem Willen. Nachdem ich jedoch bei einem erheblichen Teil der zugewanderten Moslems wenig bis gar keine Integrationsbereitschaft spüren kann, scheint mir das leider ein frommer Wunsch zu sein.
Herr Walser,
1. welche konkreten Ziele haben Sie bei diesem angestrebten Dialog?
2. Welche Bedingungen stellen Sie von Ihrer Seite aus an ihre Dialogpartener und wie weit geht Ihr Entgegenkommen?
3. Welche Forderungen haben Sie an Ihre Dialogpartner?
4. Wer sind eigentlich Ihre Dialogpartner? Sind es die islamisch organisierten Vereinsvertreter vom Schlage der Dincer?
5. Sehen sie im Islam und dessen heiligen Buch keine Gefährdung von Menschenrechten, Demokratie, Freiheit und Selbstbestimmung?
Nun bleibt mir nur noch die Hoffnung, dass diese Fragen nicht genau so schnell aus dem Netz wieder verschwinden wie meine vorigen"

Entschuldigung, aber ich muss bei der Beantwortung etwas grundsätzlich werden.
Aber eines vorneweg: Weder der Koran noch die heiligen Bücher von Juden und Christen gefährden das Zusammenleben, sondern die jeweilige Interpretation dieser Bücher im Verlauf der Geschichte. Dialogpartner sind alle, die am Dialog teilnehmen wollen!
Alle anderen Fragen im Folgenden: Integration ist eine Aufforderung an die Einheimischen und die Zugewanderten, über das Wie des Zusammenlebens nachzudenken. Integration findet nämlich nicht nur in eine Richtung statt. Man muss sich auf gemeinsame Werte dieses Zusammenlebens verständigen und entsprechende Mittel bereitstellen. Was sind unverzichtbare Grundwerte, welche Rechte, welche Pflichten haben alle Menschen unabhängig von ihrer Muttersprache, Kultur, Religion etc. Was darf sich die aufnehmende Gesellschaft erwarten? Was muss in einer pluralistischen Gesellschaft für eine persönliche Wahl offen sein (etwa Lebensstil, Religion, politische Teilhabe …)?
Es gibt kein Generalrezept für gelingende Integration. Wichtig ist, dass wir mit MigrantInnen reden und nicht über sie!
Der Schlüssel für erfolgreiche Integration ist – man verzeihe einem alten Lehrer – wieder einmal die Bildung: Wir müssen allen Kindern das Erlernen ihrer Muttersprache ermöglichen, erst dann können Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache richtig Deutsch lernen. Damit kann man gar nicht früh genug beginnen: spätestens mit drei Jahren. Wer hier in die Schule geht, muss ordentlich Deutsch können, sonst produzieren wir Schulversagen, Frust und Desintegration. Fördersysteme sind zudem speziell zu Beginn der Schulzeit unbedingt notwendig.
Darüber hinaus geschieht im Land doch schon einiges (Hard, Dornbirn etc.). Diese Initiativen müssen natürlich intensiv gefördert werden.

Trackback URL:
https://haraldwalser.twoday.net/stories/5111937/modTrackback

Kommentare
laurenzennser - 8. Aug, 17:28

vielleicht

ist das eines der grundlegenden probleme:

"Integration ist eine Aufforderung an die Einheimischen und die Zugewanderten, über das Wie des Zusammenlebens nachzudenken."

integration stellt die aufnahmegesellschaft nämlich vor das problem, dass sie einmal beginnen muss einen diskurs darüber zu führen, was die werte und normen sind, die sie ausmachen. abgesehen davon, dass ein konsens darüber unmöglich ist, ist das schon eine ziemlich große herausforderung. und möglicherweise ist die angst, bei dieser suche einer gesellschaft nach sich selbst auf kein befriedigendes ergebnis zu stoßen, mancherorts so groß, dass jeglicher versuch der eigenen standortbestimmung reflexartig abgewehrt wird.

immerhin gibt es auch innerhalb einer äußerlich homogen wirkenden gesellschaft eine dermaßen große zahl an teils konträren lebensentwürfen, dass sich eine gesellschaft und ihr wesen nur unter zwang oder unzulässiger simplifizierung auf ein konsistentes destillat reduzieren lässt.

nichtsdestoweniger gibt es feste spielregeln in jeder noch so komplexen gesellschaft. sie werden in entwickelten demokratien von einer legitimierten mehrheit beschlossen und von der überstimmten minderheit im regelfall akzeptiert und mitgetragen.

deswegen die provokante frage: wenn von mir als gebürtigem nicht zwingend mehr verlangt wird als die einhaltung der gesetze, mit welchem recht verlangt man das dann von zugewanderten?

beste grüne grüße aus nö
laurenz e

harald.walser - 9. Aug, 17:56

Kein Widerspruch

Ich sehe in Deinem Beitrag keinen Widerspruch zu dem, was ich geschrieben habe. Natürlich gelten für Zugewanderte dieselben Rechte und Pflichten. Das Erlernen der deutschen Sprache ist natürlich eine "zusätzliche" Forderung. Kaum jemand aber wird bezweifeln, dass Integration ohne die Möglichkeit, sich in die Gesellschaft einzubringen, möglich ist. Wir brauchen selbstbewusste MigrantInnen, die ihre Interessen auch öffentlich machen können, die sich im Alltag, auf Ämtern etc. zurechtfinden. Dazu müssen sie Deutsch können.
Die Diskussion über die Werte wird zu keinem "Endergebnis" führen - da gebe ich Dir recht. Aber schon eine Einigung auf demokratische Spielregeln, die gleichen Rechte für Frauen, Toleranz in religiösen Fragen etc. würde uns weiterbringen!
David (Gast) - 9. Aug, 22:18

!!!

... erfreulich, dass es mittlerweile auch zu Teilen der Grünen durchgedrungen ist, dass es ohne Landessprache keine gelungene Integration geben kann. Für die Forderung an Zuwanderer sie mögen die Landessprache erlernen ist man vor wenigen Jahren noch aus der grünen Ecke auf das übelste beschimpft worden (Nazi, Deutschtümler u.ä.).
Jetzt gilt es als nächstes noch mit dem grünen Ammenmärchen abzufahren, dass ohne Elernen der Muttersprache (noch dazu auf Steuerzahlerkosten!!) es nicht möglich sei, die deutsche Sprache (perfekt) zu erlernen. Auch dieser grüne Einsichtsprozess wird seine Zeit brauchen - ich bin aber recht zuversichtlich, dass auch das noch in grüne Köpfe geht!
dieter (Gast) - 11. Aug, 18:11

@laurenzennser

"integration stellt die aufnahmegesellschaft nämlich vor das problem, dass sie einmal beginnen muss einen diskurs darüber zu führen, was die werte und normen sind, die sie ausmachen."
Wir haben genug Beispiele aus der Vergangenheit und der Gegenwart, die zeigen, dass eine derartige Selbstdefinition der angestammten Kultur nicht zwingend notwendig ist, um Integration, ja sogar Assimilation zu ermöglichen.

Es ist wenn überhaupt eine neumodische Hypothese, dass eine derartige kodifizierte Anleitung notwendig wäre und es einer bisher nicht integrierten Parallelgesellschaft ermöglicht, sich zu integrieren.
Eine derartige Selbstdefinition gibt es meines Wissens nach nicht. Es wäre die Aufgabe der Soziologie, das zu erforschen, doch die scheint sich seit der Frankfurter Schule, der kritischen Theorie eher auf ideologische, tw. hysterische und oft unwissenschaftliche Fundamentalkritik zu beschränken. Die besten Ansätze könnte man vielleicht in fremdsprachigen Reiseführern über Österreich finden.

Vielfalt, also Pluralismus innerhalb Österreichs bedeutet auch nicht, dass die österreichische Kultur beliebig wäre, schließlich gibt es statistische Häufungen von Merkmalen.
z.B.: Franzosen trinken gerne Rotwein, gehen ins Bistro, essen Weißbrot, kümmern sich nicht, wenn ihre Autos beim Einparken ein paar Schrammen davontragen, sind patriotisch, küssen sich zur Begrüßung, ...
Hunderte derartige Merkmale ließen sich finden. Jeder Franzose weicht sicher in vielen Punkten vom Stereotyp ab, aber wer mit zu vielen Eigenheiten nicht klar kommt, der wird keinen Anschluss an die französische Gesellschaft finden.

@harald.walser:
Die Einhaltung von Spielregeln und Gesetzen verlangen wir auch von jedem Touristen. Aber ein Tourist ist nicht noch lange nicht integriert.

Gleichberechtigung von Frauen als definierendes Element der österreichischen Kultur ist ein netter Gedanke, doch gibt es das vollumfänglich noch nicht so lange. Hätten sich orthodoxe Muslime im Österreich der 1950er besser integrieren können? Würde sich umgekehrt ein Johann Strauß im heutigen Iran wohler fühlen, als im heutigen Wien?

Darüber hinaus sind die gängigen interkulturellen Konfliktpunkte überhaupt nicht rechtlich relevant. Orthodoxe Muslime schütteln Frauen nicht die Hand. Das ist vollkommen legal. Niemandem wird vorgeschrieben, wem und unter welchen Voraussetzungen er die Hand reichen muss. Musliminnen sprechen nicht mit fremden Männern, oder belassen Kontakte bei einem notwendigen Minimum, lassen ihre Männer das Wort übernehmen. Auch das widerspricht keinem Gesetz, verhindert aber Integration. Essgewohnheiten mögen banal klingen, sind aber auch ein Grund für Konflikte im Kindergarten und sorgen dafür, dass Muslime ihre eigenen Lokale gründen und besuchen usw.

Der Hinweis auf Gesetze bringt uns also kaum weiter, es sei denn, man würde unterstellen, dass Muslime in Österreich notorisch Gesetze brechen würden. Der Dialog muss sich also primär mit kulturellen Differenzen befassen.

Zu den Fragen möchte ich die nach Konsequenzen hinzufügen. Was passiert, wenn die Dialogpartner die österreichischen Forderungen inakzeptabel finden? Ohne Konsequenzen bei Nichtannahme der Forderungen ist eine Verhandlung müßig, da in diesem Fall eine Einigung nur durch einseitige Einschränkung von Forderungen erfolgen kann.

Weiters: Wer vertritt die Vielfalt der Österreicher? Hier müssten auch FPÖ-Wähler repräsentiert werden. Schließlich macht es keinen Sinn irgendwelche Versprechungen abzugeben, die von einem signifikanten Teil der österreichischen Bevölkerung nicht getragen werden.
harald.walser - 11. Aug, 21:26

@ David

Zwei kurze Bemerkungen:
# "gängige interkulturelle Konfliktpunkte": Wer definiert diese? Du? Vielleicht sehen andere Menschen ganz andere "zentrale Konfliktpunkte" als die Verweigerung des Händeschüttelns duchrch eine verschwindende Minderheit der Muslima. Zudem: Konflikte an sich sprechen zudem noch nicht gegen Integration, es kommt darauf an, wie sie ausgetragen werden.
# Die FPÖler werden sich wohl selbst vertreten müssen, ich kann das glücklicherweise nicht - und die FPÖler sehen das ganz sicher auch so! Deren Position ist mir in vielem (Toleranz, Umgang mit Fremden, Verhältnis zur Vergangenheit ...) viel fremder als jene der meisten Zugewanderten, die ich kenne. Genau darin zeigt sich auch, dass wir über diese Definitionsschiene nicht weiterkommen.

dieter (Gast) - 11. Aug, 22:33

Du meinst wohl mich und nicht David. Du hast offenbar Davids und mein Posing in einem gelesen. Kann man die Usernamen nicht zur besseren Übersichtlichkeit herausheben?

Ich definiere keine interkulturellen Konfliktpunkte, sondern nehme sie wahr. Konflikt ist die falsche Wortwahl, da die Konflikte ja erst gar nicht offen ausgetragen werden, indem man sich aus dem Weg geht.

Andere gängige Aufreger sind lautes Argumentieren in der Straßenbahn. Stört mich nicht, aber viele andere. Oder, dass viele Ausländer freie Plätze vor ihrer Wohnungstür nutzen, um Wäsche zu trocknen oder Gegenstände zu lagern. Stört mich auch nicht, solange nichts im Weg herumsteht, aber mein Nachbar von gegenüber beklagt sich.
Ich persönlich boykottiere Halal-Kebaps, da ich Schächtung ablehne.
Das sind alles Kleinigkeiten, die sich alle aufsummieren.

Die Zugewanderten, die du kennst, dürften ohnehin schon integriert oder assimiliert sein. Wegen denen führen wir keine Zuwanderungsdebatte. Wenn du tatsächlich der Ansicht bist, dass die Zuwanderer näher am Grünwähler dran sind, als am FPÖ-Wähler, müsste man einen Integrationsdialog zwischen Grünen und FPÖ-Wählern führen.

Verhältnis zur Vergangenheit? Hast du schon mal einen durchschnittlichen Türken zur Armenier- oder Kurdenfrage befragt? Oder Serben, Bosnier und Kroaten über die Geschichte ihrer Heimatländer? Da bekommt man meistens einseitige, nationalistische Litaneien zu hören. Meiner Erfahrung nach ist dem durchschnittlichen FPÖ-Wähler aus der Arbeiterklasse die österreichische Geschichte im Vergleich dazu ziemlich wurscht.

Darüber hinaus hat der FPÖ-Wähler auch viele Gemeinsamkeiten mit Zuwanderern. Z.b. in der Liebe zum möglichst hoch motorisierten fahrbaren Untersatz. Obwohl, das scheint ja bei einigen grünen Spitzenpolitikern leider auch populär zu sein.

Jedenfalls kann ein Integrationsdialog nicht an der Arbeiterklasse vorbei geführt werden, insbesondere wo die im Alltag den meisten Umgang mit Zuwanderern haben, ihre Kinder eher in Hauptschulen schicken usw.
harald.walser - 11. Aug, 23:21

@ laurenzennser

Die Verwechslung tut mir leid.
Du definierst sehr wohl, indem Du Wahrnehmungen verallgemeinerst. Andere beispiele: Mich stören auch gewalttätige Fußballfans oder lautes Telefonieren mit dem Handy im Zug - das eine mehr, das andere weniger. Oder PolitikerInnen, die sich der Kornenzeitung andienen und und und. Hie und da gehe in diesen Fällen Konflikten auch aus dem Weg.
Ich kenne sicher größtenteils, aber keineswegs ausschließlich voll integrierte AusländerInnen. Und der Dialog mit ihnen ist schwierig, nicht selten aber leichter als mit FPÖlern. Im übrigen hast Du recht: Man darf keine Diskussionsverweigerung betreiben und muss - falls es möglich ist - auch mit dem rechten Rand reden. Es ist die Aufgabe der Politik, dorthin zu gehen, wo es "brennt" ("Arbeiterklasse").
Dass auch TürkInnen ein oft schräges Verhältnis zur Geschichte ihres Landes haben stimmt (gerade bei Deinen Beispielen). Das ändert aber nichts daran, dass wir vor unserer eigenen (Geschichte-)Tür zu kehren haben.

dieter (Gast) - 11. Aug, 23:30

LOL, schon wieder verwechselt. Ich bin dieter, nicht laurenzennser.

Ich verallgemeinere nicht, denn ich sage ja nicht "alle Y machen Z", oder alle "X stört Z an Y"

dieter
harald.walser - 12. Aug, 06:48

@ dieter

Also etwas mehr Aufmerksamkeit (gilt für mich!). Ich hoffe, das gelinmgt künftig!
Natürlich sagst Du nicht, dass alle dies oder jenes tun, aber Du ziehst aus einer Reihe von Erlebnissen Schlüsse über die Integrationsbereitschaft bzw. -fähigkeit.

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