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27. Januar 2009

Neue Mittelschule oder nur Rosstäuscherei?

In einer Pressekonferenz möchte ich heute auf den als Schulversuch zur gemeinsamen Schule getarnten „bildungspolitischen Pakt der Mutlosen“ - also vor allem LR Stemer und BM Schmied - eingehen.
Die „Neue Mittelschule“ steht laut BM Schmied für mehr Chancengerechtigkeit und individuelle Förderung. Die soziale und regionale Herkunft der Kinder soll für den Zugang zu höherer Bildung keine Rolle mehr spielen. Trotz des großen Engagements vieler beteiligter LehrerInnen ist dem aber nicht so. Erste Anlaufstelle für die schulische Bildung der Kinder bleibt die AHS. Die „Neuen Mittelschulen“ erfreuen sich auf Grund der zusätzlichen Ressourcen ebenfalls regen Zulaufs, was bereits zu Abweisungen geführt hat. In den Hauptschulen, die per Gesetz parallel weiterbestehen müssen, sammeln sich daher die sozialen Randgruppen.
Das Ziel der Schulversuche soll die Verschiebung der Bildungslaufbahnentscheidung von der 4. auf die 8. Schulstufe sein. Individuelle Förderung der Kinder könnte mit den vom Unterrichtsministerium zur Verfügung gestellten 6 Wochenstunden pro Mittelschulklasse erreicht werden. Diese Förderung kommt jedoch sehr unterschiedlich bei den SchülerInnen an. In der Steiermark zahlt das Land zusätzlich 6 Wochenstunde, wodurch Förderunterricht, Teamteaching und Zusatzangebote in der Begabtenförderung möglich werden. In Vorarlberg kommen jedoch nur zwei der sechs Wochenstunden in den Mittelschulklassen an. Die übrigen 4 Wochenstunden werden vom Landesschulrat anderweitig verwendet.
Auf die gesetzlich eigentlich bei Schulversuchen nach § 7a SchOG verbotenen, leider aber oft beharrlich weitergeführten Leistungsgruppen bin ich auf diesem Blog schon eingegangen - vor allem ein Vorarlberger Problem.
In Niederösterreich wiederum dauert der gemeinsame Unterricht bloß zwei Jahre. Wenn es für die Kinder interessant wird, also ab der 7. Schulstufe, wenn in der AHS-Unterstufe eine zweite lebende Fremdsprache eingeführt wird, ist es auch schon wieder vorbei mit der gemeinsamen Schule.
„Wer arme Eltern hat, hat schlechte Chancen auf eine gute Ausbildung. Das gilt heute leider immer noch in Österreich“, sagt Gabriele Schmid, Leiterin der Bildungsabteilung der AK, anlässlich der 7. österreichischen Armutskonferenz im März 2008.
Der Bildungsstand der Eltern wird weitervererbt. Eine OECD-Studie belegt: 96% der Buben und 97% der Mädchen aus Akademikerfamilien machen Matura, aber nur 3% bzw. 5% aus Familien der unteren Mittelschicht. Es gibt also ein soziales Problem.
Das alles wird derzeit nicht einmal ansatzweise angegangen: Wir wollen endlich Reformschritte in die richtige Richtung - wie übrigens auch viele Eltern, LehrerInnen und Fachleute (politisch) sehr unterschiedlicher Richtung!

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Kommentare
Gsi (Gast) - 27. Jan, 16:11

MEINE Meinung

Mir scheint der derzeitige Mix aus Akademikern (es gibt bereits eine Akademikerarbeitslosigkeit!!) - Maturanten - Facharbeitern und mehr oder weniger Ungelernten nicht ganz so schlecht zu sein, wie Sie hier immer vermitteln (übrigens hat Bildung nur begrenzt mit Intelligenz zu tun, d.h. es kann es durchaus auch ein/e "Ungebildete(r)" zu "etwas bringen"). Es muß schließlich auch die einfache Handarbeit in unseren Fabriken, Krankenhäusern etc. gemacht werden und eine Gesellschaft aus lauter Hochgebildeten (die adäquate, gut bezahlte Jobs brauchen) funktioniert definitiv nicht!

Gonger (Gast) - 27. Jan, 18:48

Eine Akademikerarbeitslosigkeit gab es schon immer, und wird es auch immer geben... ein "es gibt bereits" ist doch unnötig.

Und es geht bei diesen Diskussionen doch nicht um das "brauchen wir Akademiker?" sondern um die Unmöglichkeit für jemanden aus einer Arbeiterfamilie, eben ein Akademiker zu werden. Die Gläserne Bildungsdecke in Österreich fängt 5 cm über dem Boden an, das ist nicht akzeptabel...
Ein Gast (Gast) - 9. Jan, 11:08

Lüge der Hochbegabten-Rhetoriken

Zum Gruße,
im Unterschied zu meinem Vorredner denke ich, dass die Akademikerarbeitslosigkeit (und -flucht) enorm ansteigt, Zahlen von 35-40% erscheinen aber selbst mir noch übertrieben. Anderen erscheinen sie untertrieben. Letztlich ist es auch gleichgültig. Das, was wütend macht, ist die einerseits fortlaufende Feier der Bildung, die wir nicht haben, indem wir uns wiederholt über Pisa aufregen oder unsere schlechten Rankings bedauern, andererseits gibt es kaum Arbeitsstellen, die adäquat auch nur einen Bruchteil der Fähigkeiten der Leute beanspruchen. Und die Unis werden totgespart, was die Reformen nur mehr steigern. Doch davon erzählen ja schon die Proteste der Studenten. Deren Forderungen bleiben aber einseitig, schließlich würden Verbesserungen in den Akademien auch nur dort eventuell Jobs für solche "Hochbegabten" produzieren. Bei Wikipedia findet man dafür unter "Rezeption" im entsprechenden Artikel "Hochbegabung", dass es vielen als psychische Störung gelte (der Artikel mag dies erst als widerlegt darstellen, nimmt aber später im Grunde wieder alternative Modelle entsprechender Art auf). Stattdessen wird momentan ein kurzhaltiges Projekte-Programm gefördert, das gewisse Modethemen mit besonderen Geldern überschwemmt, die oft selbst aber von null anfangen, da zuvor auch ihr Gebiet in allgemeiner Grundlagenhinsicht totgespart wurde. Und es sind nur kleine an den Fingern abzählbare Bereiche innerhalb mancher Naturwissenschaft. Bzw. die Indologen hoffen vielleicht jetzt auf Terrorangriffe durch Hindus, um mehr Forschungsgelder zu bekommen?
Sind anders nicht die Blockade-Haltungen jugendlicher Subkulturen ein entsprechender Hinweis? Und zwar nicht nur dort, wo bereits die Schule abgebrochen wird? Nur weil wir "Bildung" zu brauchen glauben, aus zweifelhaften Gründen internationaler Zahlenspiele heraus und in einer nahezu religiösen Hoffnung auf Innovationen im z.B. Technologie-Sektor, und um unserer Kinder willen tun wir noch so, als wäre Hochbegabung zu etwas anderem da, als sich extravagante Hobbies zuzulegen. Einmal abgesehen davon, daß von den Nicht-Arbeitslosen unter den Akademikern nur ein Bruchteil in einem Nicht-Billiglohn-Verhältnis arbeitet (und das kann einem auch an der Uni blühen), was noch mehr zeigt, dass intelligible Arbeiten nur mehr was für erfahrene Praktikanten sind.
Ob wir ungelernte Fachkräfte brauchen bzw. ob es im Handwerk mangelt, ist natürlich eine andere Frage. Im letzteren Bereich gewinnt man immer mehr den Eindruck, dass zwar die Bewerber weniger und schlechter werden, zugleich aber auch allgemein dieser ehemalige Wirtschaftssektor zu einem Luxussegment wird, gerade weil z.B. vielfach Reparaturarbeiten bzw. sogenannte echte Handarbeit nicht mehr lohnen. Auch ein Grund als qualifizierter potentieller Bewerber sich dagegen zu entscheiden. Und die Ungelernten? Davon werden wir wohl wieder mehr bekommen. Ob wir sie für geeignet für was auch immer befinden, ist eine andere Frage. Sie werden nur eben heutzutage vornehmlich Abgestürzte sein, die hätten mehr aus sich machen können.

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