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Bildung

26. Februar 2015

Bildung: Doppeltes Spiel der schwarzen Reformverweigerer

hypo_tafelAuch wenn in der gestrigen Sitzung des Nationalrats rotschwarzes Händchenhalten angesagt war, ist nicht zu überhören, dass sich die ÖVP auf Bildungsministerin Heinisch-Hosek eingeschossen hat. Generalsekretär Blümel und Harald Mahrer verlangten einen Kassasturz bis Ende Februar und befanden, Heinisch-Hosek hätte ihr Ressort nicht im Griff.
Die Kritik und Ungeduld wären ja irgendwie nachvollziehbar, wenn die ÖVP in den letzten Jahren und Monaten auch nur einen einzigen konstruktiven Vorschlag gemacht hätte, der dazu angetan wäre, die österreichische Bildung aus der Misere zu hieven. Aktuelle Ansatzpunkte hätte sie zuhauf: Da wären einmal die Lieblingsthemen von Minister Kurz und Staatssekretär Mahrer, der Integrationsbereich und die Sprachliche Frühförderung. Was fällt den Herren dazu sein? Bei „Integrationsunwilligkeit“ soll gestraft werden – vom Tafelabputzen bis zur Streichung der Kinderbeihilfe gehen die Ideen der Möchtegernreformer. Aber, um Harald Mahrer auf die Sprünge zu helfen: Als Wissenschaftsstaatssekretär könnte er vor seiner eigenen Haustüre kehren, um jene Voraussetzungen an den Universitäten schaffen, die eine sinnvolle und effiziente Sprachförderung überhaupt erst möglich machen. Zur Zeit existiert in ganz Österreich eine einzige Vollprofessur für Deutsch als Zweitsprache an der Universität Wien und das auch noch bei einer völligen personellen Unterausstattung des Fachbereichs. Das Resultat: Im Masterstudium Deutsch als Fremd- und Zweitsprache sind alle Lehrveranstaltungen mit Übungscharakter hoffnungslos überfüllt, Lehrende und Studierende beklagen zurecht die schlechten Studienbedingungen. Es liegt im Ermessen des ÖVP-Ministeriums, einen untragbaren Zustand, der eine ordentliche Ausbildung für Deutsch als Zweitsprache kaum zulässt, zu beenden.
Was richtet Harald Mahrer übrigens seiner Parteikollegin Sophie Karmasin aus, wenn von dieser auf seinen eigenen Vorschlag, die Elementarpädagogik in die Bundeskompetenz zu geben und die Ausbildung zu akademisieren, ein postwendendes Njet kommt? Wir haben nur Schweigen vernommen.
Und da wäre auch noch Integrationsminister Kurz, der für seine #stolzdrauf-Imagekampagne 350.000 Euro (wahrscheinlich sind es mehr) locker machen konnte. Hätte er stattdessen in jedem Bundesland wenigstens eine Person finanziert, die überforderten LehrerInnen Hilfestellungen im Umgang mit den angeblich integrationsunwilligen Kindern und Eltern bietet, wäre das ein handfester lösungsorientierter Beitrag statt einer teuren Scheininszenierung gewesen.
Oder der Eiertanz um das Pflichtfach „Politische Bildung“: Einig sind sich alle – Schwarz und Rot –, dass es kommen soll. Nach mehrfachen diesbezüglichen Anträgen meinerseits im Unterrichtsauschuss wurde auch der jüngste gestern im Nationalrat wieder – Sie erraten es – abgelehnt. Wenige Tage zuvor nahm der ÖVP-Jungspund Asdin El Habbassi in treuer Gefolgschaft seiner Partei Ministerin Heinisch-Hosek ins Gebet, indem er vollmundig in die ORF-Kamera verkündete, dass „wir sehr viel Geld für irgendwelche Druckmaterialien, Werbung ausgeben. Diese Dinge können wir dazu verwenden, um ein erstes Konzept für ein Fach Politische Bildung auszuarbeiten“. Gemeint war natürlich nur die Bildungsministerin, nicht etwa sein Parteikollege Kurz, dessen nächster Aktionismus, der „Kreativwettbewerb Mein Österreich“ gerade jetzt im Laufen ist.
Womit wir beim Geld wären: Inzwischen pfeifen es die Spatzen von den Dächern, dass das Bildungsressort in schweren Finanznöten steckt. Geschätzter Fehlbetrag für dieses Jahr: 300 Millionen Euro – mindestens! Finanzminister Schelling zaubert zwar locker denselben Betrag fürs schwarze Innenministerium aus der Staatskasse, der Bildungsministerin erteil er jedoch eine rüde Abfuhr. Assistiert wird er dabei von Harald Mahrer, der das schon seit langer Zeit absehbare Budgetloch nun plötzlich auch als Munition gegen die Koalitionspartnerin verwendet. Fakt ist, dass Heinisch-Hosek budgetär fast kein Spielraum bleibt, zumindest nicht in dem Ausmaß, wie er notwendig wäre, um die laufenden Kosten auch nur annähernd in den Griff zu bekommen. Daran trägt die ÖVP aufgrund ihrer jahrelangen Reformverweigerung ein großes Maß an Mitschuld. Und wenn ich dann noch lese, dass das seit ewigen Zeiten ÖVP-geführte Finanzministerium bei der Renovierung seines eigenen Hauses um schlappe 93% über dem eigenen Kostenvoranschlag liegt – und das macht fast 70 Millionen Euro aus! – dann platzt mir endgültig der Kragen. Für meine Bennenung dieses Vorganges als "heuchlerisch" habe ich von Nationalratspräsidentin Bures einen Ordnungsruf erhalten. Aber selten habe ich einen Ordnungsruf mit mehr Gleichmut hingenommen als jenen.
Für die „Grüne Schule“ gilt: „Kein Kind zurücklassen!“
18. Februar 2015

Es braucht ein eigenes Fach „Ethik- und Religionenunterricht“!

Pressekonferenz-Ethikunterricht„In einer unserer vierten Klase haben sich alle (!) Schülerinnen und Schüler vom Religionsunterricht abgemeldet“, das hat mir letzte Woche der Administrator einer großen AHS erzählt. Eine Stimme von vielen, die auf bestehende Probleme des konfessionellen Religionsunterrichts verweisen. Gemeinsam mit dem Theologen Univ.-Prof. Dr. Anton A. Bucher, an der Universität Salzburg zuständig für die Ausbildung der katholischen ReligionslehrerInnen und Autor einer lesenswerten Analyse zu diesem Thema, habe ich heute daher meine Forderung nach einem weltanschaulich unabhängigen verpflichtenden „Ethik- und Religionenunterricht“ bekräftigt. Einen entsprechenden Antrag (Verpflichtender-gemeinsamer-Ethikunterricht (pdf, 80 KB)) werde ich nächste Woche im Nationalrat einbringen. Hier der Link zum Zeit-im-Bild-Beitrag.
Wer die Forderung nach einer gemeinsamen Werteerziehung ernst nimmt und wirklich will, dass alle Kinder und Jugendlichen gemeinsam über Themen wie Gewalt, die Stellung der Frau etc. diskutieren, sollte sich dem anschließen.
Der Schulversuch zum Ethikunterricht aber dümpelt vor sich hin. Vorrang haben muss die ethisch-religionskundliche Bildung aller österreichischen SchülerInnen – und nicht die Eigeninteressen von Religionsgemeinschaften. Am angemessensten leistet dies ein so weit wie möglich weltanschaulich neutrales Fach Ethik und Religionen, das in Kooperation der Religionsgemeinschaften untereinander und mit dem Staat zu entwickeln wäre, aber auch mit dem Bund der Konfessionsfreien.
Für ein solches Fach spricht nicht nur, dass es finanziell günstiger wäre, sondern auch, dass „konfessioneller“ Religionsunterricht faktisch oft schon lange Religionskunde ist. An Gymnasien verfolgen 80 Prozent der katholischen ReligionslehrerInnen das Ziel, SchülerInnen sollen andere Religionen kennenlernen, nur 29 Prozent die Glaubenslehre der Kirche.
Das österreichische Schulorganisationsgesetz fordert, dass die Schule auch „sittliche, religiöse und soziale Werte“ an die nachrückende Generation vermittelt. Lange konnte davon ausgegangen werden, dass dies in einem katholisch geprägten Land wie Österreich der Religionsunterricht leistet. Doch mittlerweile leben gut zwei Millionen konfessionsfreie MitbürgerInnen in unserer Republik, der Anteil der Katholiken sank von etwa 90 Prozent im Jahr 1950 auf heute nur noch gut 60 Prozent, zudem melden sich teilweise ganze Schulklassen vom Religionsunterricht ab.
Nachdem Bayern bereits 1972 Ethikunterricht einführte, starteten im Jahre 1997 auch hierzulande Ethikschulversuche, anfänglich an acht Schulstandorten, mittlerweile an 234. Die ministeriell beauftragte Evaluation der Versuche im Jahre 2000 brachte unter anderem zu Tage:
- Obschon viele SchülerInnen anfänglich um ihre Freistunde trauerten, stieß das Fach sehr bald auf hohe Resonanz.
- Ein Jahr zusätzlicher Ethikunterricht reduzierte Fremdenfeindlichkeit und stärkte in SchülerInnen das Wissen dafür, was ethisch richtig und was falsch ist, sowie die Bereitschaft, entsprechend zu handeln.
- EthiklehrerInnen gelang es, in kulturell-religiös sehr heterogenen Klassen eine Atmosphäre der Toleranz zu schaffen.
Trotz dieser sehr positiven Ergebnisse unternahm die damalige Ministerin Elisabeth Gehrer nichts. Dies auch deswegen, weil die Kirche nicht offiziell für Ethikunterricht eintrat. Die Bischofskonferenz äußerte sich erst positiv für Ethikunterricht für jene SchülerInnen, die nicht Religionsunterricht besuchen, nachdem Unterrichtsministerin Claudia Schmied ihre Präferenz für Ethik für alle bekundet hatte. Immerhin kam im Mai 2011 eine parlamentarische Enquete zustande, bei der in einem Punkt Einigkeit bestand: „Vierzehn Jahre Schulversuch sind genug.“
Die Zeit ist überfällig: Nicht zuletzt wegen der gewachsenen Herausforderungen braucht es einen weltanschaulich neutralen verbindlichen Ethik- und Religionenunterricht ab der Sekundarstufe.
Für die „Grüne Schule“ gilt: „Kein Kind zurücklassen!“
16. Februar 2015

Hyperkompliziert: Beurteilungsraster bei der Zentralmatura

ZentralmaturaDie Spannung wächst und die mediale Berichterstattung (Zentralmatura: Nervös, aber nicht panisch) nimmt zu.
Selten habe ich so viele Informationen und Protestmails bekommen wie in den letzten Tagen: Das Thema Zentralmatura regt auf!
Heute habe ich ein Mail eines Mathematik-Lehrers mit Kritik am Beurteilungsraster mit 36 (!) Deskriptoren für die Vorwissenschaftliche Abeit (VWA) erhalten.
Zum Grundprinzip, das für die Beurteilung der VWA und für die Arbeiten der Zentralmatura gilt:
Es gibt fünf Oberkategorien, die dem bisherigen Notensystem entsprechen, aber verbalisiert beschrieben werden. Dazu gibt es die Unterkategorien mit wieder fünf sogenannten Deskriptoren.
In der Unterkategorie „Selbstkompetenz“ bei der VWA heißt es: „Der Kandidat/die Kandidatin nimmt angebotene Hilfestellungen und Korrekturvorschläge des Betreuers/der Betreuerin an.“ Das kann man jetzt in der Oberkategorie mit „zur Gänze“ (entspricht „Befriedigend“) bewerten, aber wie kann man das „über das geforderte Maß hinaus“ und somit „Gut“ oder gar „weit über das geforderte Maß hinaus“ und somit „Sehr gut“ bewerten? Der Mathematiklehrer fragt und ich mich als Germanist mit ihm: „Gibt es Geheimnisse, die bisher verschwiegen, jedenfalls nicht gelehrt wurden?“
Ähnliches gilt für die Zentralmatura: LehrerInnen müssen bei der Deutsch-Matura in der Oberkategorie „über das Wesentliche hinausgehend erfüllt“ beurteilen, ob – so die Unterkategorie – ein „Inputtext vollständig erfasst“ ist. Dann gibt es die Note „Gut“. Ein „Sehr gut“ gibt es für die wortidente Unterkategorie („Inputtext vollständig erfasst“), wenn das erforderliche Häkchen bei der Oberkategorie „über das Wesentliche weit hinausgehend erfüllt“ gemacht wird.
Eine weitere Herausforderung: Wenn in der Kategorie „hinausgehend erfüllt“ „alle Aufträge vollständig erfasst sind“ gibt's ein „Gut". Da aber vollständiger als vollständig nicht geht, ist den Ministerialbeamten die Phantasie ausgegangen und sie haben nochmals für die Oberkategorie „weit hinausgehend erfüllt“ den Deskriptor „vollständig erfasst“ verwendet. Oder: Wo der Unterschied zwischen „überwiegend sachlich richtig“ und „weitgehend sachlich“ richtig ist, ist wohl auch GermanistInnen etwas rätselhaft.
Und, liebe LeserInnen, sollten Sie nun etwas verwirrt sein, so kann ich Ihnen garantieren: Es liegt nicht an Ihnen!
Für die „Grüne Schule“ gilt: „Kein Kind und keine MaturantIn zurücklassen!“
14. Februar 2015

Herr Mahrer, wie steht jetzt die ÖVP zur Gesamtschule?

SN-Streitgespraech_Walser_MahrerDie „Salzburger Nachrichten“ haben ÖVP-Staatssekretär Harald Mahrer und mich zu einem Streitgespräch über Integration und Bildung geladen und es heute auf der Seite 3 veröffentlicht: „Mit Anreizen statt Strafe zu mehr Integration“. Moderiert wurde das Gespräck von Alexander Purger.
Leider funktioniert bislang der Link nicht, für Interessierte habe ich die Seite daher hier (SN-Streitgespraech_Walser_Mahrer (pdf, 348 KB)) als Download gespeichert.
Den extrem teuren Murks um die Neue Mittelschule beispielsweise hat die ÖVP bei der Beschlussfassung als „Jahrhundertreform“ gepriesen, Mahrer & Co tun jetzt so, als ob dafür nur die SPÖ verantwortlich zu machen ist.
Und Integration? Leider gehen die Bundes(!)-ÖVP – in den Ländern sind teilweise wesentlich fortschrittlichere Schwarze anzutreffen – ebenso wie große Teile der SPÖ zunehmend den populistisch aggressiven Weg der FPÖ. Ich habe das im Gespräch bedauert und darauf hingewiesen, dass es für beide Parteien keinen Sinn macht, „im Teich der FPÖ fischen“ zu wollen: „Sie bedenken nicht, dass man dann gleich zum Schmied und nicht zum Schmiedl geht.“
Mahrer hat es mir nicht einfach gemacht: Genauso wie viele andere ÖVP-VertreterInnen gelingt es auch hier , möglichst wenig Konkretes zu sagen und sich auf keine Position festnageln zu lassen.
Für die „Grüne Schule“ gilt: „Kein Kind zurücklassen!“
11. Februar 2015

„Notfallplan“ für die schriftliche Zentralmatura!

ZentralmaturaIn Rahmen einer Pressekonferenz habe ich heute gemeinsam mit Eva Glawischnig einen Grünen „Notfallplan“ für die schriftliche Zentralmatura präsentiert, denn die MaturantInnen dürfen nicht für Versäumnisse des Ministeriums, des BIFIE oder einzelner Schulen büßen!
Die wesentliche Ursache für die Probleme sind aus meiner Sicht
• eine unglaubliche Regulierungs- und Kontrollwut (da ist Brüssel ein Waisen"knabe" dagegen), der zu hochkomplexen „Bewertungsrastern“ für die Arbeiten geführt hat, sowie
• eine inkompetente Informationspolitik mit völlig widersprüchlichen Aussagen – etwa auf offiziellen Informationswebsites des BMBF (hier Näheres dazu).
Das derzeitige Problem: Wegen der erschreckenden Ergebnisse – insbesondere bei den Mathematik-Probeklausuren für die Zentralmatura (28% negativ beurteilt) – und der großen Verunsicherung muss etwas getan werden.
Mein Vorschlag in Kürze: Bei negativer Beurteilung der schriftlichen Reifeprüfung soll in die Gesamtnote die Note der letzten Schulstufe einbezogen werden, um eine Verbesserung auf „Genügend“ zu ermöglichen. Die Grundsätze der Leistungsbeurteilungsverordnung (etwa die stärkere Berücksichtigung der zuletzt erbrachten Leistungen) müssen dabei natürlich Beachtung finden.
Die Vorteile:
• Der Sinn der Zentralmatura bleibt erhalten: die Rückmeldung über den tatsächlichen Leistungsstand der MaturantInnen. Gleichzeitig können die Schulen bei schlechten Ergebnisse in den kommenden Jahren darauf reagieren.
• Die Reform ist gerecht, weil sie für alle MaturantInnen gilt und keine Einzellösung für bestimmte Schulen darstellt, wie es Werner Peschek, Mathematikdidaktiker an der Universität Klagenfurt, vorschlägt (Experte fordert „Notfallaktion“ für Zentralmatura).
• Die betroffenen MaturantInnen müssen allfällige Defizite in der Vorbereitung der Zentralmatura durch BIFIE und BMBF sowie einzelner Schulen nicht ausbaden.
Es braucht auch eine zusätzliche Sofortmaßnahme: die von mir seit langem geforderte Einrichtung einer Krisenhotline! Das hat Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek allerdings in einem Gespräch mit mir rüde zurückgewiesen. Obwohl das bisherige Ergebnis der derzeitigen Krisenkommunikation des BIFIE wohl mit "Nicht Genügend" zu beurteilen ist. So hat eine Schülerin an die BIFIE-Verantwortliche wegen ihrer Ängste in Bezug auf die Mathematik-Matura und die VWA geschrieben und Fiolgendes zur Antwort erhalten: „Wenn Sie durch das Fach Mathematik und die VWA Ihren Schulabschluss gefährdet sehen, frage ich mich, ob sie wirklich studierfähig sind?!“
Das kann´s nun wirklich nicht sein!
Für die „Grüne Schule“ (und alle MaturantInnen) gilt: „Kein Kind zurücklassen!“
10. Februar 2015

Integration ganz ohne Strafen: der Campus Rütli in Berlin!


Gestern saßen wohl einige Bildungsinteressierte erstaunt vor dem Fernseher. In Zuge der Debatte um die angebliche oder vermeintliche Integrationsunwilligkeit von Kindern aus zugewanderten Familien lud die ZiB 2 die Direktorin einer Berliner Schule in die Sendung. Sie wusste Erstaunliches zu berichten.
Im Jahr 2006 richteten LehrerInnen der Berliner Rütli-Schule aus dem „Problembezirk“ Neukölln einen Aufschrei mittels eines Briefes an die Schulverwaltung: „Türen werden eingetreten, Papierkörbe als Fußbälle missbraucht, Knallkörper gezündet und Bilderrahmen von den Flurwänden gerissen. Gegenstände fliegen zielgerichtet gegen Lehrkräfte durch die Klassen, Anweisungen werden ignoriert. Einige Kollegen/innen gehen nur noch mit dem Handy in bestimmte Klassen, damit sie über Funk Hilfe holen können."
Der Brief zeigte Wirkung. Die ehemalige Brennpunktschule mit einem Anteil von 80% Kindern mit Migrationshintergrund wurde komplett umgekrempelt: Ein Team von ArchitektInnen plante das bauliche Umfeld für ein modernes und freundliches Bildungsquartier, den Campus Rütli – CR². Das Bildungsprinzip dahinter: Vom Kindergarten bis zur Matura gibt es an der Schule Lernen aus einem Guss. Die vormalige Hauptschule wurde abgeschafft zugunsten des möglichst langen gemeinsamen Lernens. Der Campus versucht, „in einem innovativen und ganzheitlichen Ansatz viele Kräfte und Kompetenzen, die es in einem Sozialraum gibt, zu verschmelzen. Es wurde ein Verbund geschaffen, in dem kulturelle Vielfalt und Mehrsprachigkeit als Chance begriffen und gelebt werden. An diesem Ort, an dem Bildungsbiografien bis in den Beruf oder die Universität begleitet werden, soll ein Wertegerüst als Grundlage für ein selbstverantwortetes Leben gelegt werden, die gesellschaftliche Teilhabe für Menschen verschiedenster Herkunft möglich macht.“
Die Direktorin Cordula Heckmann erläutert im Gespräch mit Armin Wolf (bis 16.2. online) einige Eckpfeiler der Schule:
• Lernen im Klassenverband mit stark individualisierter Förderung, um auf unterschiedliche Begabungen eingehen zu können: Lernstationen, Lerntagebücher, Reflexion von Lernprozessen
• Sprachgruppen, um Kinder auf die Bildungssprache Deutsch vorzubereiten (nach dem in Hamburg entwickelten FörMig-Konzept) in Verbindung mit einem gemeinsamen Zusatzangebot
• Förderung der Familiensprachen; Türkisch und Arabisch als zweite lebende Fremdsprache
• breites Angebot für Eltern (Einzelgespräche, Gruppenveranstaltungen, Freizeitprogramm), das fast alle Eltern gerne in Anspruch nehmen. Strafen sind nicht notwendig.
• „Integrationsunwilligkeit“, wie sie hierzulande beklagt wird, ist am Campus Rütli kein Problem: Sensibilisierung erfolgt durch Gespräche und durch ein gezieltes Angebot, das Soziales Lernen befördert.
• Der Erfolg: Im letzten Jahr legten die ersten SchülerInnen die Matura ab. Der Anteil jener, die keinen Schulabschluss erreichen, ist stark gesunken, der Anteil an SchülerInnen, die eine weiterführende Schule besuchen oder eine Arbeitsstelle finden, hat sich vervielfacht. Der Campus Rütli wurde zur inzwischen begehrten Vorzeigeschule.
Und nicht zuletzt: „Die Erstklässler spiegeln wider, was sich in Neukölln um den Rütli-Campus herum tut. Der einst berüchtigte Problembezirk ist inzwischen gefragt. Mieten steigen, es gibt angesagte Bars, Bioläden und die eine oder andere Kunstgalerie. Bis der Wandel alle Jahrgänge erreicht, ist es nur eine Frage der Zeit.“ (http://www.zeit.de/gesellschaft/schule/2014-02/ruetli-schule-berlin-brandbrief/seite-2)
Die Grüne Schule ist also schon längst erfolgreiche Realität. Fragt sich nur, wann es die verantwortlichen PolitikerInnen in Österreich ernst damit meinen, die „beste Schule“ schaffen zu wollen.
Für die „Grüne Schule“ gilt: „Kein Kind zurücklassen!“
29. Januar 2015

Presseförderung für Schülerzeitungen!

Karikatur_Zeitung-lesenEines ist sicher: selber schreiben macht Freude und fördert Lesekompetenz. Am besten, man schreibt über etwas, was für einen selbst spannend ist. Und wer weiß besser, was Jugendliche interessiert, als Jugendliche selbst? Deshalb wollen wir Grüne eine Presseförderung für Schülerzeitungen von 100 bis 500 Euro pro Ausgabe und mit einem Maximalbeitrag pro Jahr von 1000 Euro. Das kostet nicht viel und bringt viel! Zu diesem Thema habe ich heute einen Vorstoß gemacht: Jede Schülerzeitung mit 100 bis 500 € pro Jahr fördern
Wer eine Zeitung selber produziert lernt nicht nur schreiben. Wenn sich die Jugendlichen selbst um die Finanzierung kümmern - etwa den Kosten für Druck oder Domain, durch Verkauf von Inseraten, Spendenaktionen oder einem selbst organisierten Flohmarkt - lernen sie auch viel über wirtschaftliche Zusammenhänge. Ich verweise etwa auf die kürzlich durch die Medien gegangene Klage einer 17-jährigen Schülerin, sie könne zwar ein Gedicht interpretieren, aber von Verträgen hätte sie keine Ahnung.
SchülerInnen, die Zeitung machen, sind hochengagiert und setzen sich kritisch mit ihrer Lebenswelt auseinander. So kommt politische Bildung und Medienkompetenz direkt bei den SchülerInnen an!
Wen das Thema näher interessiert, dem sei die Website von „ZiS-Zeitung in der Schule“ empfohlen!
Für die „Grüne Schule“ gilt: „Kein Kind zurücklassen!“
28. Januar 2015

Nächste Runde Chaos bei Zentralmatura. Diesmal im Angebot: die Vorwissenschaftliche Arbeit

ZentralmaturaGestern erreichte mich ein Hilferuf eines Gymnasiasten einer 8. Klasse, der kurz vor Abgabe seiner Vorwissenschaftlichen Arbeit (VWA) steht:
„Ich bin Schüler eines Gymnasiums in der 8. Klasse. Wie Ihre Bildungsbeauftragten vielleicht schon wissen, ist die VWA in 2 Wochen abzugeben. Natürlich ist nun schon fast alles fertig und soweit bekannt nach den Normen und Richtlinien formatiert und verändert. (...) Nun wurde uns durch Zufall mitgeteilt, dass die Zeichen nun ohne Fußnoten zu zählen sind, somit fehlen mir in meiner Arbeit rund 8000 Zeichen, sprich eine fast unmöglich zu verfassende Menge an Informationen, wenn man bedenkt, dass durch gute Planung das Themengebiet bereits ausgeschöpft ist. Soll ich nun durch das Versagen der Regierung mir dies gefallen lassen? Nachtschichten einlegen, um in letzter Minute alles zu ändern? Mit Sicherheit nicht! Ich werde bei einer Ablehnung meiner Arbeit mit rechtlichen Schritten vorgehen. (...) Helfen Sie uns es ist nicht mehr viel Zeit!“
Eine kurze Recherche brachte Klarheit in das Chaos: Tatsächlich ist bereits auf der Startseite der Informationswebsite des Bildungsministeriums zu erfahren, dass „Erklärungen, Ergänzungen in den Fußnoten (...) Teil des Textes und daher mitzuzählen [sind]. Quellenangaben in den Fußnoten sind wie das Literaturverzeichnis zu behandeln, also nicht mitzuzählen.“
Dieser Information wurde offensichtlich eine gewisse Dringlichkeit zugewiesen, denn sonst würde sie nicht bereits auf der Startseite zu finden sein. Aber – so bin ich bereits geneigt zu behaupten – bald keine Information rund um die Zentralmatura ohne ihr Gegenteil: Auf derselben Website findet sich eine Materialsammlung, die diverse Punkte der Vorgaben zur VWA detailliert und praxisorientiert klären soll. Und hier ist in einer Datei aus dem Jahr 2011 folgende Angabe zum Umfang der VWA zu lesen: „Zweck dieser Arbeit ist es den Umfang einer Fachbereichsarbeit zu veranschaulichen, die mit 40.000 Zeichen (Summe aus Abstract und Textteil inklusive Fußnoten, Bildtexten und Leerzeichen) den Anforderungen des Mindestumfangs entspricht.“ Aha! Diesmal werden also die Fußnoten als Teil der VWA (oder Fachbereichsarbeit?) mitgezählt. (Das Abstract, dies nur angemerkt, wird in die VWA auch nicht eingerechnet; jedoch sind die Richtlinien dafür schon länger klar.)
Ich frage mich nun gleichermaßen wie der hilfesuchende Schüler (und sicher mit ihm noch viele andere), was denn gültig ist? Die Vorgangsweise des Bildungsministeriums aber scheint klar zu sein. In der ministeriellen Verordnung zur VWA ist bezüglich Fußnoten nichts präzisiert, nur, dass Verzeichnisse nicht in den Umfang der Arbeit eingerechnet werden. Das könnte der Phantasie freien Spielraum lassen, wenn jemand bei einem „Verzeichnis“ auch an Fußnoten denkt. Das Bildungsministerium sah sich vermutlich genötigt, hier (kürzlich?) nachzuschärfen und entwickelte eine besonders ausgeklügelte Verfahrensweise: Einige Fußnoten werden in die Arbeit inkludiert, andere eben nicht. Wie LehrerInnen nun die Fußnoten auseinanderdividieren, um die Zeichen der Teile, die dazugehören in praktikabler Weise zu zählen – auf diese Gebrauchsanweisung warten wir noch.
Allerdings ist im ganzen Chaos eines sonnenklar: Von SchülerInnen zu verlangen, kurz vor Abgabeschluss eine unter Umständen nicht unbeträchtliche Erweiterung der VWA vorzunehmen, weil das Ministerium nicht imstande war, hier rechtzeitig klare Vorgaben zu machen, ist inakzeptabel. Ich habe daher an Ministerin Heinisch-Hosek eine Parlamentarische Anfrage gestellt, um die indiskutable Vorgangsweise transparent zu machen.
Für die „Grüne Schule“ gilt: „Kein Kind zurücklassen!“
12. Januar 2015

Schule in Holland: viel Freiheit, wenig Regeln!

NL_7-1-2014_HeiHoWir haben Spannendes gesehen und auch gestaunt: Vieles ist gut im niederländischen Schulsystem, aber nicht alles ist besser als bei uns. So würde ich meine Eindrücke nach einem gemeinsamen Besuch vor Ort („Wo jeder eine Schule gründen kann“) mit Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek und den BildungssprecherInnen (fast) aller Parlamentsparteien zusammenfassen.
Hier einige mir wichtig erscheinende Aspekte:
• Die Gemeinsame Schule dauert je nach individuellem Wunsch der Eltern sieben bis acht Jahre statt wie bei uns nur vier.
• Die Schulen entscheiden weitgehend selbst über Schulbudget, pädagogische Arbeit oder Auswahl der LehrerInnen.
• Es gibt eine hohe „Vertrauenskultur“ und gelebte Eigenverantwortung.
• Die Verfassung garantiert jedem, eine Schule zu gründen und der Staat ist verpflichtet, das Geld bereitzustellen.
• Der Staat fordert nur sehr allgemeine Kernziele und bestimmt den gesetzlichen Rahmen. Ein direktes Eingreifen von Behörden in Schulangelegenheiten ist kaum möglich.
• Eliteschulen sollen durch zusätzliche Mittel für Kinder von Eltern mit niedrigem Bildungsabschluss verhindert werden.
• Die NL schneiden bei internationelen Tests wie Pisa etc. sehr gut ab.
• Das Unterrichtsinspektorat kontrolliert den „Output“ der Schulen mindestens alle vier Jahre und identifiziert schwache Schulen. Die Ergebnisse sind öffentlich einsehbar.
• Schulgeld ist nicht erlaubt, dennoch zahlen Eltern an Privatschulen freiwillig. Dieses Geld darf aber nicht für Gehälter verwendet werden, sondern nur für zusätzliche Angebote, Reisen usw.
• Die Gehälter sind vergleichbar mit Österreich, es gibt aber eine deutlich höhere Lehrverpflichtung, keine Daueranstellung und eine geringe soziale Absicherung.
Für die „Grüne Schule“ gilt: „Kein Kind zurücklassen!“
6. Januar 2015

„Taskforce Bildungsreform“ - eine „uneilige“ Truppe!

Neugebauer_raketaGestern meldete Der Standard, dass die im Oktober letzten Jahres von der Regierung eingesetzte Arbeitsgruppe zur Bildungsreform noch nie getagt hat. Und: Das für Mitte Jänner anvisierte erste Treffen wurde nun verschoben – auf Ende des Monats, wie es sicherheitshalber nur inoffiziell heißt.
Was steht am Programm der Arbeitsgruppe? Die Länderchefs sind sich untereinander nicht einig, aber einig, dass es gegen den Bund geht, der eine dort, der andere da. Die von der Bundes-VP ins Rennen geschickte Innenministerin und ÖAAB-Chefin Mikl-Leitner wurde kurzerhand zur Bildungsexpertin erkoren und will die alten Strukturen in Beton gießen. Ihr Parteikollege Mahrer pflegt zwar einen kuscheligeren Sprachgebrauch, aber mehr als das beste Bildungssystem ever, das er will, ist an Reformbereitschaft auch noch nicht rausgekommen. Und dann hätten wir noch die SP-Bildungsministerin, die zwar will, aber nicht kann, und ihren Parteikollegen Ostermayer, von dem wir nicht wissen, was er will oder doch auch nicht will. Und damit wir glauben, dass es die Regierung diesmal wirklich ernst meint mit der Bildungsreform, nennt sich die uneilige Truppe „Taskforce“. Ein bisserl Modernität muss denn doch sein!
Morgen brechen die BildungssprecherInnen aller Parteien zusammen mit Ministerin Heinisch-Hosek zu einer zweitägigen Bildungsreise in die Niederlande auf. Studiert werden sollen dort Modelle der Schulautonomie. Zudem stehen Besuche von Gesamtschulen und diverse Arbeitsgespräche am Programm. Ich begrüße diese Initiative der Ministerin und werde auch mit großem Interesse daran teilnehmen. Was wir davon sicher lernen können: Wir müssen in Österreich das Rad nicht durchgängig neu erfinden. Es gibt in diversen Ländern Vorzeigemodelle und Erfahrungen, auf die wir bauen können und sollen. Wir benötigen keine „Taskforce“ und auch nicht die kaum mehr zählbaren anderen Arbeitsgruppen, die im Bildungsumfeld werken. Was wir brauchen, das sind sofortige Reformschritte und zwar tiefgreifende. Die „Taskforce Bidungsreform“ kann sich derweilen auf die Eselsbank begeben und nachlernen, denn sie scheint es bitter nötig zu haben!
Für die „Grüne Schule“ gilt: „Kein Kind zurücklassen!“

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