Kommentare
Kurt Greussing - 7. Apr, 13:11
Türkisch als Fremdsprache an Höheren Schulen ...
... das wäre schon einmal ein erster Schritt. Es sollte - natürlich neben Englisch - genau so angeboten werden wie Chinesisch. Vor allem hiesige türkischstämmige Kinder hätten dann die Chance, Türkisch endlich auf einem Niveau zu erlernen, das ihnen auch beruflich etwas nützt - geografisch gesehen von der Türkei über die zentralasiatischen Staaten bis nach West-China.
Gleichzeitig sollte man den muttersprachlichen Türkisch-Unterricht in der gegenwärtigen Form abschaffen. Er ist - vom Ergebnis her gesehen - für die dergestalt beglückten Kinder ebenso wie für das Schulsystem insgesamt eine unakzeptable Zeit- und Ressourcenverschwendung. Sprachschwachen Kindern ist nicht damit geholfen, dass ihre Sprachschwäche (vor allem Lexik) in einer zweiten Sprache, nämlich Türkisch, prolongiert wird. Stattdessen wäre alle Energie auf die Förderung des Deutschen zu verwenden. Lediglich dort, wo Kinder von den Eltern oder ihrer Umgebung insgesamt einen guten Sprachstand mitbekommen haben (egal ob in Deutsch oder Türkisch), ist eine Türkisch-Förderung sinnvoll - und dann bitte auf hohem Niveau.
Um diesen Schritt zu tun, wäre es nötig, von zwei Mythen Abschied zu nehmen:
1. von dem Glauben, dass die Erhaltung des Türkischen als eines kulturellen Erbes der Zuwanderer einen besonderen Wert darstelle und es deshalb den kommenden Generationen bis zum St.Nimmerleinstag weitergegeben werden müsse;
2. von der halbgaren Theorie, dass die gute Beherrschung der jeweiligen Muttersprache die Voraussetzung für das gute Erlernen der Zweitsprache (Deutsch) sei.
Zu 1: Zuwandererminderheiten geben ihr sprachliches Gepäck in allen modernen, sozial durchlässigen Gesellschaften mit der Zeit durchweg ab - es sei denn, sie unternehmen als Community eigene erhebliche Bildungsanstrengungen, um es zu bewahren. Diese Anstrengungen sind bei unseren Zuwanderungscommunities weit und breit nicht zu sehen.
Zu 2: Es gibt keinen soliden Beleg dafür, dass ein guter Muttersprachen-(L1-)Erwerb die Voraussetzung für einen guten Zweitsprach-(L2-)Erwerb ist. Gegenteilige Positionen beziehen sich immer wieder auf den Linguisten Jim Cummins, der aber gerade das nicht behauptet. Sondern er sagt: Wenn ein guter L1-Erwerb vorliegt, dann können die so erworbenen grundlegenden begrifflichen Fertigkeiten (underlying conceptual proficiency) sehr leicht auf L2 übertragen werden (transfer of proficiency). Doch das Problem bei vielen Zuwandererfamilien ist ja gerade, dass L1 nicht ausreichend beigebracht wird. Es spricht darum alles dafür, diese grundlegenden begrifflichen Fertigkeiten gleich - und möglichst früh - in L2 (also in unserem Fall in Deutsch) zu fördern. Dass das aber nicht mit einer sozialen Abwertung von L1 einhergehen darf, ist klar, weil es auch die Eltern und die Herkunft der Kinder abwerten würde. Aber Wertschätzung muss nicht Förderung bedeuten - siehe unseren Dialekt: der wird, recht weitgehend, sozial wertgeschätzt, aber nicht mit eigenem Förderunterricht bedacht. Zum Glück: Die Vorarlberger beherrschten sonst noch miserabler Hochdeutsch.
Gleichzeitig sollte man den muttersprachlichen Türkisch-Unterricht in der gegenwärtigen Form abschaffen. Er ist - vom Ergebnis her gesehen - für die dergestalt beglückten Kinder ebenso wie für das Schulsystem insgesamt eine unakzeptable Zeit- und Ressourcenverschwendung. Sprachschwachen Kindern ist nicht damit geholfen, dass ihre Sprachschwäche (vor allem Lexik) in einer zweiten Sprache, nämlich Türkisch, prolongiert wird. Stattdessen wäre alle Energie auf die Förderung des Deutschen zu verwenden. Lediglich dort, wo Kinder von den Eltern oder ihrer Umgebung insgesamt einen guten Sprachstand mitbekommen haben (egal ob in Deutsch oder Türkisch), ist eine Türkisch-Förderung sinnvoll - und dann bitte auf hohem Niveau.
Um diesen Schritt zu tun, wäre es nötig, von zwei Mythen Abschied zu nehmen:
1. von dem Glauben, dass die Erhaltung des Türkischen als eines kulturellen Erbes der Zuwanderer einen besonderen Wert darstelle und es deshalb den kommenden Generationen bis zum St.Nimmerleinstag weitergegeben werden müsse;
2. von der halbgaren Theorie, dass die gute Beherrschung der jeweiligen Muttersprache die Voraussetzung für das gute Erlernen der Zweitsprache (Deutsch) sei.
Zu 1: Zuwandererminderheiten geben ihr sprachliches Gepäck in allen modernen, sozial durchlässigen Gesellschaften mit der Zeit durchweg ab - es sei denn, sie unternehmen als Community eigene erhebliche Bildungsanstrengungen, um es zu bewahren. Diese Anstrengungen sind bei unseren Zuwanderungscommunities weit und breit nicht zu sehen.
Zu 2: Es gibt keinen soliden Beleg dafür, dass ein guter Muttersprachen-(L1-)Erwerb die Voraussetzung für einen guten Zweitsprach-(L2-)Erwerb ist. Gegenteilige Positionen beziehen sich immer wieder auf den Linguisten Jim Cummins, der aber gerade das nicht behauptet. Sondern er sagt: Wenn ein guter L1-Erwerb vorliegt, dann können die so erworbenen grundlegenden begrifflichen Fertigkeiten (underlying conceptual proficiency) sehr leicht auf L2 übertragen werden (transfer of proficiency). Doch das Problem bei vielen Zuwandererfamilien ist ja gerade, dass L1 nicht ausreichend beigebracht wird. Es spricht darum alles dafür, diese grundlegenden begrifflichen Fertigkeiten gleich - und möglichst früh - in L2 (also in unserem Fall in Deutsch) zu fördern. Dass das aber nicht mit einer sozialen Abwertung von L1 einhergehen darf, ist klar, weil es auch die Eltern und die Herkunft der Kinder abwerten würde. Aber Wertschätzung muss nicht Förderung bedeuten - siehe unseren Dialekt: der wird, recht weitgehend, sozial wertgeschätzt, aber nicht mit eigenem Förderunterricht bedacht. Zum Glück: Die Vorarlberger beherrschten sonst noch miserabler Hochdeutsch.
Christian Grass - 7. Apr, 18:38
Es tut gut, einen so umsichtigen Kommentar zu lesen. Da passt jedes Wort.
Der Hinweis zum Schluss auf die zu wahrende Würde von Eltern und Kindern ist ein springender Punkt. Ohne gegenseitige Achtung kann es kein echtes Miteinander geben.
Hier liegt aber für mich ein schwer auflösbarer Widerspruch, denn Achtung ist streng genommen die "völlige Zustimmung zum anderen- ohne den Wunsch, ihn zu ändern. Er kann gar nicht anders sein."
Das ist nicht durchzuhalten.
Das Schwierige ist, Menschen mit Achtung zu begegnen, und es trotzdem zu schaffen, dass Haltungen, religiöse Ideen usw. hinterfragt und aufgegeben werden, wenn sie dem Wohl Einzelner und der menschlichen Gemeinschaft schaden.
Die letzte DOK Sendung im SFDRS war an einigen Stellen für mich bedrückend: z.b. wurden zwei Mädchen mit Kopftuch am Küchentisch gefragt, von der Mutter waren nur die Augen zu sehen: "wollt ihr auch einmal so verschleiert sein wie die Mama?" "Au ja!!"
Kinder wollen nunmal, dass die Eltern glücklich sind.
http://videoportal.sf.tv/sendung?id=3b016ffc-afa2-466d-a694-c48b7ffe1783
Für Lehrer sehr interessant:
Marianne Franke-Gricksch: „Du gehörst zu uns!", Systemische Einblicke für Lehrer, Schüler und Eltern
Heidelberg 2001, Carl-Auer-Systeme Vorlag
Der Hinweis zum Schluss auf die zu wahrende Würde von Eltern und Kindern ist ein springender Punkt. Ohne gegenseitige Achtung kann es kein echtes Miteinander geben.
Hier liegt aber für mich ein schwer auflösbarer Widerspruch, denn Achtung ist streng genommen die "völlige Zustimmung zum anderen- ohne den Wunsch, ihn zu ändern. Er kann gar nicht anders sein."
Das ist nicht durchzuhalten.
Das Schwierige ist, Menschen mit Achtung zu begegnen, und es trotzdem zu schaffen, dass Haltungen, religiöse Ideen usw. hinterfragt und aufgegeben werden, wenn sie dem Wohl Einzelner und der menschlichen Gemeinschaft schaden.
Die letzte DOK Sendung im SFDRS war an einigen Stellen für mich bedrückend: z.b. wurden zwei Mädchen mit Kopftuch am Küchentisch gefragt, von der Mutter waren nur die Augen zu sehen: "wollt ihr auch einmal so verschleiert sein wie die Mama?" "Au ja!!"
Kinder wollen nunmal, dass die Eltern glücklich sind.
http://videoportal.sf.tv/sendung?id=3b016ffc-afa2-466d-a694-c48b7ffe1783
Für Lehrer sehr interessant:
Marianne Franke-Gricksch: „Du gehörst zu uns!", Systemische Einblicke für Lehrer, Schüler und Eltern
Heidelberg 2001, Carl-Auer-Systeme Vorlag
Kurt Greussing - 7. Apr, 19:08
Da gibt es doch keinerlei "schwer auflösbaren Widerspruch":
Die Wertschätzung bezieht sich auf die Herkunftssprache der Kinder bzw. ihrer Eltern. Die soll nicht abgewertet werden. Dazu würde zum Beispiel gehören, dass Lehrer/innen (und andere) endlich die sechs oder sieben Buchstaben lernen, die in der türkischen Lateinschrift andere Aussprachewerte haben als in der deutschen, damit sie die Vor- und Familiennamen der Kinder richtig und verständlich aussprechen. Wenn man von jedem Idioten zu Recht erwartet, dass er "Mäntschester Junaited" sagt, wenn er den Fußballverein meint, dann könnte man doch wenigstens von Akademikern die richtige Aussprache der türkischen Namen von Mitarbeitern oder Schülern verlangen.
Christian Grass - 7. Apr, 19:58
Einverstanden. Aber mit der Sprache hört es nicht auf. Es gibt noch genügend weitere Themen, nicht nur in der Schule. Kinder haben ausser der Muttersprache ja noch Anderes im Gepäck.
9-Jährige mit Kopftuch, selbstverständlich auf "rein eigenen Wunsch".
Wertschätzen oder nicht? Unproblematisch oder nicht? Erlauben oder verbieten...?
9-Jährige mit Kopftuch, selbstverständlich auf "rein eigenen Wunsch".
Wertschätzen oder nicht? Unproblematisch oder nicht? Erlauben oder verbieten...?
Kurt Greussing - 8. Apr, 00:17
9-Jährige mit Kopftuch - erlauben oder verbieten?
Die Antwort ist doch sonnenklar: weder wertschätzen noch in der Schule erlauben. Religionsmündig wird man bei uns mit 14. Fullstop. Wer will, kann sich dann das Tuch aufsetzen. Oder sich als Punk eine Nadel durch den Rüssel ziehen. Oder sich die Birne scheren lassen. Da braucht's dann halt ein paar Lehrer/innen, die das Hirn für die richtigen Fragen zum entsprechenden Thema haben.
Christian Grass - 8. Apr, 08:42
Ooch. Aber das ist unser Glaube! ;)
S.g. Hr. Greussing,
völlige Zustimmung.
@ Harald Walser, ist das die offizielle grüne Linie? Hoffentlich bald!
Die Religionsmündigkeit ist so eine Sache. Wer sagt, dass der religiöse Teil des Erziehungsrechtes dem Wohl des Kindes diene, für das die Eltern das Beste wollen, soll das ausführen. Dass eine religiöse Erziehung in Summe meist nützlich ist, ist eine Behauptung. Religiöse Erziehung dient dem Überleben des Gedankengebäudes der jew. Konfession und dem Zusammenhalt jener Gemeinschaft.
Wenn ich mein Kind mit Handauflegen vom Krebs heilen lassen will, wird amtlich eingegriffen. Wenn ich es im Glauben erziehe, dass Schwule eine Gefahr für die Gesellschaft sind usw., nicht.
Religionen sind recht unterschiedlich, schon Katholizismus :: Zeugen Jehovas :: Protestantismus.
Dann nicht vergessen, dass kleine Kinder ihre Eltern glücklich sehen wollen, und Märchen mögen sie auch. Der Koranunterricht auf DOK, das war kindliche Begeisterung, nur mit wissenschaftlich unhaltbarem Lehrinhalt.
Wäre religiöse Beeinflussung erst mit 14 möglich (so wenig das praktikabel ist), sähe es anders aus. Jugendliche stehen nicht mehr so auf Märchenbücher. Das ist ein falsch aufgezogener Kreis, wenn die Erwachsenen atheistisch sind, besteht kein Interesse, die Kinder religiös zu erziehen.
Grundfrage also: was dürfen religiöse Eltern mit ihren Kindern veranstalten? Beschneidung (v. Jungen) z.b.: Wie ist das gedeckt?
völlige Zustimmung.
@ Harald Walser, ist das die offizielle grüne Linie? Hoffentlich bald!
Die Religionsmündigkeit ist so eine Sache. Wer sagt, dass der religiöse Teil des Erziehungsrechtes dem Wohl des Kindes diene, für das die Eltern das Beste wollen, soll das ausführen. Dass eine religiöse Erziehung in Summe meist nützlich ist, ist eine Behauptung. Religiöse Erziehung dient dem Überleben des Gedankengebäudes der jew. Konfession und dem Zusammenhalt jener Gemeinschaft.
Wenn ich mein Kind mit Handauflegen vom Krebs heilen lassen will, wird amtlich eingegriffen. Wenn ich es im Glauben erziehe, dass Schwule eine Gefahr für die Gesellschaft sind usw., nicht.
Religionen sind recht unterschiedlich, schon Katholizismus :: Zeugen Jehovas :: Protestantismus.
Dann nicht vergessen, dass kleine Kinder ihre Eltern glücklich sehen wollen, und Märchen mögen sie auch. Der Koranunterricht auf DOK, das war kindliche Begeisterung, nur mit wissenschaftlich unhaltbarem Lehrinhalt.
Wäre religiöse Beeinflussung erst mit 14 möglich (so wenig das praktikabel ist), sähe es anders aus. Jugendliche stehen nicht mehr so auf Märchenbücher. Das ist ein falsch aufgezogener Kreis, wenn die Erwachsenen atheistisch sind, besteht kein Interesse, die Kinder religiös zu erziehen.
Grundfrage also: was dürfen religiöse Eltern mit ihren Kindern veranstalten? Beschneidung (v. Jungen) z.b.: Wie ist das gedeckt?
Kurt Greussing - 8. Apr, 11:08
Sie kommen schön langsam vom Thema ab: Das heißt hier nämlich "türkisch-österreichische Schulen" bzw. "Türkisch-Unterricht an Schulen/Gymnasien".
Aber ich tu Ihnen den Gefallen trotzdem, weil Sie ja auf Biegen und Brechen auf die Frage hinauswollen, ob "der Islam" demokratiekompatibel ist oder nicht. Alsdann - die Grundfrage ist auch in diesem Zusammenhang (mit Islam) nicht: Was dürfen religiöse Eltern mit ihren Kindern veranstalten? Sondern: Was dürfen Eltern (egal welcher Weltanschauung) mit ihren Kindern veranstalten?
Die Antwort lautet aus gutem historischem Grund: sehr viel. Denn dieses Recht, dass Eltern mit ihren Kindern sehr viel veranstalten dürfen, ist hierzulande von den aufklärerischen Liberalen gegen die Katholisch-Konservativen erkämpft worden, und zwar konkret durch die Staatsgrundgesetze von 1867. Da haben Eltern das Recht bekommen, ihr Kind gar nicht oder z.B. protestantisch taufen zu lassen. Sie haben als katholische Eltern das Recht bekommen, ihr Kind in eine jüdische Schule (z.B. in Hohenems) zu schicken. Sie haben nominell das Recht bekommen, ihr Kind aus dem (katholischen) Religionsunterricht herauszunehmen usw.
Diese weitgesteckten liberalen Elternrechte sind aber keine Einbahnstraße. Sie gelten auch für das Verhältnis religiöser Eltern zu ihren Kindern. Für Kindergärten und Schulen muss dann der Staat z.B. Regeln dafür aufstellen, wie und in welchem Ausmaß die religiöse Markierung eines Kindes durch seine Eltern erlaubt ist.
Übrigens: Gegen einen Eingriff wie die Beschneidung (üblich bei Juden, Muslimen und in den USA bei vielen Christen, aber nicht nur bei diesen) kann man m.E. schlecht argumentieren, solange Eltern zum Beispiel auch die Segelohren ihrer Sprösslinge aus rein ästhetischen Gründen operativ flachlegen lassen dürfen. Oder es ihnen erlaubt ist, die lieben Kleinen im Eislauf- oder Kunstturntraining bis zum Bänderriss zu schikanieren. Da würde ich Ihnen empfehlen, die antiislamische Brille (vorübergehend) ab- und eine grundsätzlich kinderfreundliche Brille aufzusetzen.
Die Antwort lautet aus gutem historischem Grund: sehr viel. Denn dieses Recht, dass Eltern mit ihren Kindern sehr viel veranstalten dürfen, ist hierzulande von den aufklärerischen Liberalen gegen die Katholisch-Konservativen erkämpft worden, und zwar konkret durch die Staatsgrundgesetze von 1867. Da haben Eltern das Recht bekommen, ihr Kind gar nicht oder z.B. protestantisch taufen zu lassen. Sie haben als katholische Eltern das Recht bekommen, ihr Kind in eine jüdische Schule (z.B. in Hohenems) zu schicken. Sie haben nominell das Recht bekommen, ihr Kind aus dem (katholischen) Religionsunterricht herauszunehmen usw.
Diese weitgesteckten liberalen Elternrechte sind aber keine Einbahnstraße. Sie gelten auch für das Verhältnis religiöser Eltern zu ihren Kindern. Für Kindergärten und Schulen muss dann der Staat z.B. Regeln dafür aufstellen, wie und in welchem Ausmaß die religiöse Markierung eines Kindes durch seine Eltern erlaubt ist.
Übrigens: Gegen einen Eingriff wie die Beschneidung (üblich bei Juden, Muslimen und in den USA bei vielen Christen, aber nicht nur bei diesen) kann man m.E. schlecht argumentieren, solange Eltern zum Beispiel auch die Segelohren ihrer Sprösslinge aus rein ästhetischen Gründen operativ flachlegen lassen dürfen. Oder es ihnen erlaubt ist, die lieben Kleinen im Eislauf- oder Kunstturntraining bis zum Bänderriss zu schikanieren. Da würde ich Ihnen empfehlen, die antiislamische Brille (vorübergehend) ab- und eine grundsätzlich kinderfreundliche Brille aufzusetzen.
harald.walser - 8. Apr, 11:56
@ Christian Grass
Ich weiß nicht genau, worauf sich Ihre Frage ("ist das die offizielle grüne Linie?") bezieht. Wenn es um die von mir dargestellte Haltung handelt, dann ja: "Türkische Gymnasien" in Österreich, wenn sie Deutsch/Türkisch geführt werden und unserer staatlichen Schulaufsicht unterstellt sind.
Wenn es sich auf die Frage "9-Jährige mit Kopftuch - erlauben oder verbieten?" bezieht: Ich bin klar gegen ein Verbot.
Wenn es sich auf die Frage "9-Jährige mit Kopftuch - erlauben oder verbieten?" bezieht: Ich bin klar gegen ein Verbot.
arnobraendle.com - 8. Apr, 00:14
Kopftuch, oder nicht Kopftuch?
Wie bei vielen Problemstellungen so auch bei türkischstämmigen Jugendlichen fallen die extremen Positionen am meisten auf. Gelegentlich bedarf es Ausnahmesituationen um das Besondere des Normalen herauszuheben.
Meine Klasse war Anfang März von einem tragischen Todesfall betroffen. Ein 14jähriger Junge ist an einem Sonntag an Herzversagen verstorben. Die Betroffenheit in der Schule war groß. Der Verlust hat erst gezeigt, was das Besondere an diesem Jungen war. Er war Türke und stolz darauf. Dennoch war er kein Nationalist. Er hat sich in sein Umfeld eingefügt, ohne zu assimilieren. Er war gläubiger Moslem ohne anderen das Gefühl zu geben sich selbst als etwas Besonderes zu sehen. Aufgefallen ist er durch seinen Humor und sein friedfertiges Wesen, ohne dabei seine Späße auf Kosten anderer zu treiben und ohne ein Opferlamm zu sein. Er war einfach ein normaler, toller Kerl mit Wurzeln und einer Religionszugehörigkeit. Solche Jugendliche fallen eben nicht auf und doch geben sie Anlass zur Hoffnung, dass das Miteinander sehr gut gelingen kann. Die in der Schule abgehaltene Trauerfeier hat dies unterstrichen. Nie zuvor hat unsere Schulgemeinschaft eine so intensive Veranstaltung erlebt. Ein Teil dieser Feier bestritt ein Imam. Es war eine Selbstverständlichkeit und gleichzeitig für die meisten Anwesenden das erste Mal, dass sie so authentisch Kontakt zum Islam hatten. Es gibt bereits viele Familien, die ihren Weg zwischen eigener Identität und Einfügen in die neue Heimat gefunden haben.
„Kopftuch oder nicht Kopftuch?“, ist eine Frage, die nicht wir zu beantworten haben. Doch wir können dazu beitragen eine Antwort zu finden. Je liberaler die Gesellschaft in dieser Frage ist, desto weniger Kopftücher müssen getragen werden. Religionen und Traditionen haben einen großen Feind – die Abwesenheit von Zwang. Manche Entwicklungen brauchen ihre Zeit und dafür brauchen wir Geduld. Beispiele, wie das oben beschriebene, sollen uns helfen diese Geduld aufzubringen.
Meine Klasse war Anfang März von einem tragischen Todesfall betroffen. Ein 14jähriger Junge ist an einem Sonntag an Herzversagen verstorben. Die Betroffenheit in der Schule war groß. Der Verlust hat erst gezeigt, was das Besondere an diesem Jungen war. Er war Türke und stolz darauf. Dennoch war er kein Nationalist. Er hat sich in sein Umfeld eingefügt, ohne zu assimilieren. Er war gläubiger Moslem ohne anderen das Gefühl zu geben sich selbst als etwas Besonderes zu sehen. Aufgefallen ist er durch seinen Humor und sein friedfertiges Wesen, ohne dabei seine Späße auf Kosten anderer zu treiben und ohne ein Opferlamm zu sein. Er war einfach ein normaler, toller Kerl mit Wurzeln und einer Religionszugehörigkeit. Solche Jugendliche fallen eben nicht auf und doch geben sie Anlass zur Hoffnung, dass das Miteinander sehr gut gelingen kann. Die in der Schule abgehaltene Trauerfeier hat dies unterstrichen. Nie zuvor hat unsere Schulgemeinschaft eine so intensive Veranstaltung erlebt. Ein Teil dieser Feier bestritt ein Imam. Es war eine Selbstverständlichkeit und gleichzeitig für die meisten Anwesenden das erste Mal, dass sie so authentisch Kontakt zum Islam hatten. Es gibt bereits viele Familien, die ihren Weg zwischen eigener Identität und Einfügen in die neue Heimat gefunden haben.
„Kopftuch oder nicht Kopftuch?“, ist eine Frage, die nicht wir zu beantworten haben. Doch wir können dazu beitragen eine Antwort zu finden. Je liberaler die Gesellschaft in dieser Frage ist, desto weniger Kopftücher müssen getragen werden. Religionen und Traditionen haben einen großen Feind – die Abwesenheit von Zwang. Manche Entwicklungen brauchen ihre Zeit und dafür brauchen wir Geduld. Beispiele, wie das oben beschriebene, sollen uns helfen diese Geduld aufzubringen.
Christian Grass - 8. Apr, 09:19
Einspruch
"„Kopftuch oder nicht Kopftuch?“, ist eine Frage, die nicht wir zu beantworten haben."
Wenn die freie Entfaltung von Mädchen (v.a unter 14, aber nicht nur) als Menschen gleichen Rechtes gefährdet ist, müssen wir das nur dann nicht, wenn uns diese Mädchen egal sind.
"Doch wir können dazu beitragen eine Antwort zu finden. Je liberaler die Gesellschaft in dieser Frage ist, desto weniger Kopftücher müssen getragen werden."
Das halte ich für Unsinn, diese Haltung ist in den liberalen NL und auch anderswo komplett in die Hose gegangen.
"Religionen und Traditionen haben einen großen Feind – die Abwesenheit von Zwang."
Wunschdenken.
Genau DER Teil der Religion, der selber zwanghaft ist, ist ein großes Problem, dass Religion völlig irrational und überholt ist, ist der Rest vom Problem. Und durch freundliches Verständnis geht Religion nicht weg, insbesondere nicht die Friedensvariante.
Wenn die freie Entfaltung von Mädchen (v.a unter 14, aber nicht nur) als Menschen gleichen Rechtes gefährdet ist, müssen wir das nur dann nicht, wenn uns diese Mädchen egal sind.
"Doch wir können dazu beitragen eine Antwort zu finden. Je liberaler die Gesellschaft in dieser Frage ist, desto weniger Kopftücher müssen getragen werden."
Das halte ich für Unsinn, diese Haltung ist in den liberalen NL und auch anderswo komplett in die Hose gegangen.
"Religionen und Traditionen haben einen großen Feind – die Abwesenheit von Zwang."
Wunschdenken.
Genau DER Teil der Religion, der selber zwanghaft ist, ist ein großes Problem, dass Religion völlig irrational und überholt ist, ist der Rest vom Problem. Und durch freundliches Verständnis geht Religion nicht weg, insbesondere nicht die Friedensvariante.
arnobraendle.com - 8. Apr, 00:16
Türkische Gymnasien in Österreich? Bitte nicht!
Warum nicht? Zum einen ist hier wohl die Langform gemeint, die ich gerne der Vergangenheit angehörend wissen möchte. Zum anderen gibt, wie mir scheint, es eine deutlich bessere Alternative:
Bilinguale Schulen – Türkisch – Deutsch? Ja, bitte!
Bilinguale Schulen – Türkisch – Deutsch? Ja, bitte!
harald.walser - 8. Apr, 12:02
Lieber Arno!
Prinzipiell sind Schulen so organisiert, wie das Land, in dem sie sich befinden. Das österreichische Gymansium in der Türkei somit seit der türkischen Schulreform vor einigen Jahren als Oberstufenform nach einer Gesamtschule, umgekehrt wäre natürlich in Österreich derzeit eine BORG-Form zu bevorzugen. und zu Deinem Schlusssatz: Genauso habe ich das beschrieben.
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